Von 30° Celsius ins Schneegestöber: Die Fahrt von Süd- nach Nordamerika war für die Besatzung und Passagiere der LZ 127 Graf Zeppelin im Oktober des Jahres 1933 mit starken Temperaturschwankungen verbunden. Nach Friedrichshafen, Pernambuco, Rio de Janeiro und Recife in Brasilien standen nun Landungen in Miami, Akron, bei der Weltausstellung in Chicago und Sevilla an bevor die Rückreise nach Friedrichshafen angetreten wurde.
Am 22. Oktober 1933 überfuhren die Reisenden Trinidad, Haiti und Kuba.

Am Montag, den 23. Oktober wurde um 7.15 Uhr Miami erreicht. Wolkenkratzer begrüßten das Luftschiff.
Zunächst gab es Zollschwierigkeiten. Ananas, Orangen, Bananen und sogar Äpfel mussten abgegeben werden. „Nun wurde das Schiff an den Mast gehängt“, schreibt Holl in seinem Tagebuch. „Sind vorne 6 m in der Luft und können nur mit Strickleiter aussteigen, da der Mast für die amerikanischen Luftschiffe ‚Acron‘ und ‚Macon‘, welche wesentlich größer sind, gebaut ist.“

Um 21.40 Uhr ging es weiter nach Akron. Beim Aufbruch gewitterte es und im Verlauf der Fahrt wurde es immer kälter. Die Temperatur sank auf den Gefrierpunkt und schließlich geriet das Schiff in dichtes Schneegestöber. Am Dienstag, den 24. Oktober 1933 gegen halb acht Uhr abends war Akron in Sicht. Erst am Mittwoch, nachdem LZ 127 stundenlang über dem riesigen Luftschiffhafen gekreist war, konnte das Schiff gegen 5 Uhr morgens landen. Schnee und eiskalter Wind machten der Haltemannschaft zu schaffen. Das Schiff wurde an den fahrbaren Ankermast gezogen und festgemacht. Beim Einfahren in die Riesenhalle gab es immer noch Querwinde, aber nach eineinhalb Stunden war das Luftschiff sicher in der Halle verstaut. In dieser Halle bemerkte Breithaupt, um wie viel kleiner LZ 127 Graf Zeppelin im Vergleich zu den amerikanischen Marineluftschiffen war.

Hugo Eckener schreibt in seinen Erinnerungen „Im Zeppelin über Länder und Meere“:
Wir ergänzten in Akron unsere Gasfüllung und unsere Betriebsmittel und fuhren in den ersten Morgenstunden des nächsten Tages zum Besuch der Weltausstellung nach Chicago. Dort trafen wir gegen 8 Uhr morgens ein und machten ein paar Schleifen über der Stadt und dem Ausstellungsgelände

Eckener fuhr extra im Uhrzeigersinn, damit man die Hakenkreuze an der Backbordseite nicht so prominent sehen konnte, sondern lediglich die schwarz-weiß-rote Fahne des Deutschen Kaiserreiches. Er erzählt weiter:
Wir wollten dann in der Nähe des Eingangs und der Tribünen des weiten Landungsfeldes landen, um einige Passagiere abzusetzen, erfuhren aber, daß uns weit draußen auf dem Feld eine Landungsstelle zugewiesen und mit Haltemannschaft besetzt war. Weshalb? Zu unserem Erstaunen vernahmen wir, daß, wie der schöne Ausdruck lautet, „dicke Luft“ für uns in Chicago sei. Der Scherif hatte allerlei Drohbriefe erhalten, daß man dem „Nazischiff“ einen üblen Empfang bereiten werde: Die Politik, die Hitler insbesondere gegen die Juden zu treiben begonnen hatte, sei vielen Leuten in Amerika auf die Nerven gegangen, und überdies hatte in Chicago eine Ortsgruppe von ‚Nazisten‘, eine sogenannte „Fünfte Kolonne“, sich sehr auffallend und mißliebig bemerkbar gemacht. – Daß letzteres stimmte, sollte ich im Laufe des Tages noch selbst erfahren.
Neben den Drohbriefen hatte es sogar eine Bombendrohung gegen den Zeppelin gegeben. Hugo Eckener berichtet: „Nun nahm der Scherif wohl die Sache nicht so tragisch, und er sagte mir, daß kein Vernünftiger das beliebte Luftschiff anzutasten wagen würde; aber: ‚Wer weiß, wozu ein Verrückter fähig ist!“
Sicherheitshalber ließ der Sheriff aber dennoch den Landeplatz verlegen und von seinen Polizeieinheiten absperren. Der Zeppelin stieg nach einer kurzen Landung, die nur wenige Minuten dauerte, wieder auf, um nach Akron zurückzufahren. Eckener blieb in Chicago und wollte später mit dem Zug nach Akron fahren.
Egal wo LZ 127 Graf Zeppelin landete – überall positionierten sich die Auslandsdeutschen für oder gegen Hitler. Der Nationalsozialismus spaltete die deutsche Community – sei es in Brasilien oder in den Vereinigten Staaten von Amerika. Im Jahr 1933 waren die Deutsch-Amerikaner*innen in Chicago eine der größten ethnischen Gruppen.
Bei einigen von ihnen flammte deutscher Nationalstolz auf, als der Zeppelin in die USA kam. Eckener schreibt darüber:
Ich hatte ja schon in Brasilien, und zwar sowohl in Pernambuco als auch besonders in Rio de Janeiro gesehen, daß daselbst eine sehr tätige und zielbewußte Gruppe von Nationalsozialisten arbeitete und den Frieden und die Harmonie, die bisher in der deutschen Kolonie herrschte, empfindlich gestört hatte. Der schöne deutsche Club ‚Germania’ in Rio, der bisher ein Treffpunkt gewesen war, wo sich namentlich zum Mittagessen fast alle angesehenen deutschen Kaufleute zusammengefunden hatten, war ja schon bei unseren letzten Besuchen im September und Oktober fast verödet. Man scheute die unerquicklichen politischen Debatten. […]
Hier in Chicago war es also auch nicht anders!
Hans Luther, der damalige deutsche Botschafter in den USA, war bislang noch nicht auf der Chicagoer Weltausstellung gewesen, weil er einen unfreundlichen Empfang fürchtete. Deshalb wählte er die Ankunft des Luftschiffes als Tag seines Besuches. Im Hotel Bismarck war ein Presseempfang für Luther und Eckener vorgesehen. Beide standen für Interviews zur Verfügung, aber Luther wurde laut Eckener kaum etwas gefragt.
Rufus Dawes, der Präsident der Weltausstellung, hatte Eckener und Luther zu einem Empfang mit anschließendem Rundgang durch die Ausstellung eingeladen. Eckener schildert den Besuch wie folgt:
Das Publikum begrüßte uns sehr freundlich und lebhaft durch Zurufe und Winken, und Botschafter Luther erwiderte diese Begrüßungen, offenbar sehr angenehm berührt, durch lebhafte Gesten seinerseits. Ich fühlte mich ein wenig verlegen als Teilnehmer an diesem Empfang, der meines Erachtens eine Ehrung des Botschafters Deutschlands sein sollte, und blieb allmählich zwei bis drei Schritte hinter ihm und dem Präsidenten zurück, um Herrn Luther die ihm gebührende Ehre allein zu lassen. Da aber zeigte es sich, daß die Leute nun den Botschafter ohne Beachtung vorübergehen ließen und erst lebhaft winkten, wenn ich kam. Dies wurde so peinlich, daß der andere Herr von der Ausstellungleitung mir bestürzt zuflüsterte: ‚Bitte, Herr Dr. Eckener, kommen Sie wieder nach vorn!
Am Abend desselben Tags gab es noch einen Empfang zu Ehren des Botschafters und Eckeners. Luther hielt eine Rede, die mit eisigem Schweigen des Publikums quittiert wurde.
Eckener erkannte, dass die Sympathien für Deutschland deutlich zurückgegangen waren und verglich sie mit den Begeisterungsstürmen, als er das Luftschiff LZ 126 im Jahr 1924 in die Vereinigten Staaten überführt hatte.
Am 2. November 1933 kam LZ 127 Graf Zeppelin nach einem Stopp in Sevilla wieder unbeschadet in Friedrichshafen an. Während der Dreiecksfahrt absolvierte das Luftschiff zugleich die 50. Ozeanüberquerung. Dies nahm Hermann Göring, der Reichsminister der Luftfahrt, zum Anlass, einen Dankesbrief an sämtliche Besatzungsmitglieder des Luftschiffs zu schreiben. Ein Exemplar hat sich im Nachlass des Maschinisten Wilhelm Fischer im Archiv des Zeppelin Museums erhalten. Darin schreibt Göring:
Aus Anlass der 50. Ozeanfahrt des Luftschiffs ‚Graf Zeppelin‘, zu deren Gelingen Sie wesentlich beigetragen haben, spreche ich Ihnen meine warme Anerkennung aus. Die hervorragenden Leistungen dieses einzigen deutschen Luftschiffes werden für alle Zeiten ein Ruhmesblatt in der Geschichte der Luftfahrt bleiben. Sie haben mitgeholfen, die Kunde von dem unerschütterlichen deutschen Unternehmungsgeist in alle Lande zu tragen und dem deutschen Volke den Glauben an die eigene Leistungsfähigkeit lebendig zu erhalten. Ich erwarte, dass die Besatzung des mit den alten deutschen Farben Schwarz-Weiß-Rot und dem stolzen Symbol des Hakenkreuzes geschmückten Luftschiffes auch auf Ihren weiteren Fahrten am Aufbau des Neuen Deutschlands tätigen Anteil nehmen wird. Heil Hitler! Göring
Der Brief ist ein Beleg dafür, dass die Nationalsozialist*innen das Luftschiff gezielt für ihre Propagandazwecke instrumentalisierten. Ihnen war die Wirkung des riesigen Luftschiffs bewusst und sie versuchten, das positive Image des Luftschiffs für sich zu nutzen.

QUELLEN Zeitungsberichte und Materialien zur Dreiecksfahrt aus dem Nachlass John Duggan im Archiv des Zeppelin Museums The Momsens: The Zeppelin Children-From Rio to Arkon by Airship (United States, 1933). In: https://histclo.com/bio/op/m/mo/bop-momsenz.html Joachim Breithaupt: Das ist Luftschiffahrt! Reisebericht über die Dreiecksfahrt aus dem Jahr 1933 Hugo Eckener: Im Zeppelin über Länder und Meere, Flensburg 1949 Cheryl Ganz: The Graf Zeppelin and the Swastika: Conflicting Symbols at the 1933 Chicago World’s Fair in: 1998 National Aerospace Conference Georg Holl: Tagebuch der Dreiecksfahrt im Herbst 1933, Kopie im Archiv des Zeppelin Museums.