Von Teufeln, Dämonen und Schätzen: Ein Gemälde von Johann Heiss

Auf den ersten Blick bietet sich uns eine ungewöhnliche Szene, ein Geschehen, dass eher an einen Horrorfilm oder an die Illustration eines Schauerromans erinnert als an das Motiv eines barocken Gemäldes. Es ist ein Thema, das sich weder eindeutig als Historie, noch als Genredarstellung einordnen lässt. Schon in den unterschiedlichen Titeln, die dem Werk gegeben werden, wird deutlich, dass seine Thematik schwierig einzuordnen ist: Es wird sowohl als Schatzgräber als auch als Dämonenbeschwörer und in einer Kombination von beiden bezeichnet.

Die bühnenartig erleuchtete Szene spielt sich vor einem antik anmutenden Rundbogen ab. Um eine Grube, bzw. ein Grab sind sieben Männer angeordnet, die sich in unterschiedlichen Stadien des Erschreckens befinden, das die Erscheinung einer großen Gestalt unterhalb des Rundbogens auslöst. Diese Figur scheint in der Luft zu schweben und zeichnet sich durch Bocksbeine, spitze behaarte Ohren und klauenartige Finger aus: Ein Dämon oder Teufel, der mit seiner Halbglatze und dem Bart und insbesondere den Bocksbeinen auch an antike Satyr- bzw. Silen-Darstellungen erinnert. Er trägt ein Lendentuch und ein weiteres langes weißes Tuch, das lose um den Körper flattert. Mit ihrer rechten Hand greift die Figur in ein an einer Eisenstange mit Haken hängendes Kohlebecken, aus dem zwei glühende Kohlen fallen. Die Schatzsucher verteilen sich um die frische Ausschachtung, aus der z.T. noch die Stiele der Spaten ragen, mit denen sie gerade noch gegraben haben. Um die Grube verteilt sind verschiedene Gegenstände, die entweder zum Graben dienen, wie eine Spitzhacke, oder anscheinend für okkulte Praktiken gebraucht werden, wie Knochen, darunter sowohl ein menschlicher Schädel und ein Pferdeschädel samt danebenliegendem Unterkiefer, aber auch ein Weihwasserbecken.

Johann Heiss: Teufelsbeschwörung; Schatzgräber, um 1696, Öl auf Leinwand, 87 x 105 cm, Zeppelin Museum Friedrichshafen. Foto: © Zeppelin Museum Friedrichshafen

Die schatzsuchenden Männer sind um das Grab verteilt angeordnet, beziehungsweise springen gerade aus der Grube heraus; so zum Beispiel der Mann hinten rechts, der über seinen Kopf ein Tuch hält, vermutlich um sich vor den herabfallenden glühenden Kohlen zu schützen. Ihm gegenüber auf der anderen Seite der Grube sitzt ein Mann mit dem Rücken zum Betrachter, der sich wie sein Gegenüber vom Dämon weg beugt. Er hält eine brennende Fackel in der Hand. Links von ihm kniet ein weiterer Schatzsucher, der ein aufgeschlagenes Buch hält, aus dem er laut liest, wie sein geöffneter Mund vermuten lässt. Mit seiner rechten Hand schöpft er mittels eines Aspergills Weihwasser aus dem Kessel. Neben ihm liegt ein Mann auf dem Rücken, das rechte Bein noch in der Grube, das Linke schon hoch erhoben. Sein Mund ist zum Schrei geöffnet, während er sich die Augen mit dem Unterarm zudeckt. Über dessen Unterkörper gebeugt, kniet ein weiterer Mann, der ins Gebet vertieft zu sein scheint. Zwischen seinen gefalteten Händen ist ein Rosenkranz zu sehen. Am linken Bildrand ist ein blaugewandeter Schatzgräber zu sehen, der mit hoch erhobenen Armen wegläuft und sich erschreckt umblickt. In seiner emporgestreckten rechten Hand hält er einen Kelch. In der Mitte des Bildes steht ein Mann in roter Jacke, der ebenfalls den Mund weit aufgerissen hat und erschrocken in die Richtung der Erscheinung schaut. Mit der linken Hand streckt er ein doppeltes Kreuz dem Dämon abwehrend entgegen, um sein Handgelenk hängt ein Rosenkranz.

Das Gemälde ist unten links mit J. Heiss signiert, jedoch nicht datiert. Peter Königfeld weist in seinem Verzeichnis der Werke von Johann Heiss auf eine Variante des Motivs hin, die sich in italienischem Privatbesitz befindet und zusätzlich zur Signatur auch mit 1696 datiert ist.[1] Es ist daher zu vermuten, dass das Friedrichshafener Gemälde ungefähr zur gleichen Zeit entstanden ist.

Die Verbindung von Schatzsuche und magischen Riten

Die für den moderne*n Betrachter*in zunächst nicht direkt verbundenen Themen von Schatzsuche und Geister- bzw. Teufelsbeschwörung bildeten in der Frühzeit eine durchaus logische Einheit. Das Auffinden eines Schatzes durch übersinnliche Hilfe war ein weit verbreiteter Topos in der damaligen Literatur, in der bildenden Kunst ist das Thema dagegen eher spärlich vertreten.[2] Es dreht sich immer um die Sehnsucht, einen Schatz zu finden; auf einer höheren Ebene darum, sich als Finder des Schatzes als Einziger würdig erwiesen zu haben, diesen zu besitzen.[3] Dazu konnte man sich verschiedener magischer Mittel bedienen: „Das 17. Jahrhundert brachte eine Fülle magischer Beschwörungsformeln mit Anleitungen zum Schatzsuchen hervor.“[4] Grundsätzlich wird in der Literatur zwischen der weißen Magie, deren Praktiken von der Kirche erlaubt waren, und der schwarzen Magie, die immer die Verbindung zu dunklen Mächten beinhaltet, unterschieden.[5] Welche Methoden dabei als unbedenklich angesehen, also als ‚weiße Magie‘ angesehen wurden und welche als Hexerei und Ketzerei verfolgt wurden, ist nicht immer eindeutig und wurde von den verschiedenen Obrigkeiten und Konfessionen stetig diskutiert.[6] „Magische Handlungen wurden offenbar häufig von ihren Betreibern als erlaubte ‚weiße Magie‘ empfunden, von ihren Gegnern aber aus unterschiedlichen Gründen als ‚schwarze Magie‘ denunziert.“[7] In vielen Ländern wurde bis weit ins 18. Jahrhundert hinein die Schatzsuche als crimen magiae von kirchlichen und weltlichen Autoritäten verfolgt.[8] So hob erst Maria Theresia bei ihrem Amtsantritt 1740 die entsprechende Gesetzgebung für die Habsburgischen Erblande auf. In der Prozessordnung werden „Schatzgräberei“ und „Hexerei“ als zuvor verfolgte Straftaten ausdrücklich genannt, nun aber die Empfehlung gegeben, solche Sachverhalte auf Betrügerei hin zu untersuchen.[9]

Sicher stellt Johann Heiss eine Schatzsuche mit Hilfe von schwarzer Magie dar, im Sinne eines Teufelspaktes. Eines der am weitesten verbreiteten Bücher zur Dämonenbeschwörung im 17. Jahrhundert war Dr. Johann Faustens Miracul-Kunst- und Wunder-Buch oder die schwarze Rabe auch Dreifache Höllen Zwang genannt, das in seinem Untertitel schon auf die Möglichkeit hinwies, durch Beschwörung an Schätze zu gelangen: „Womit ich die Geister gezwungen, daß sie mir haben bringen müssen, was ich begehret habe. Es sey Gold oder Silber, Schätze groß oder klein […]“[10].

„Aziel ist der Teufel, dem die Schätze unterstehen, Marbuel zeigt vergrabenes Gut an und verrät die verborgenen Schätze Aziels.“[11] Die Figur links auf Heiss‘ Gemälde liest vermutlich die Beschwörungsformeln aus eben solch einem Buch, um den Teufel herbeizurufen. Ob dieser den Schatzgräbern dann wirklich behilflich ist, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Zumindest scheinen die Männer nicht mit einer solchen Erscheinung gerechnet zu haben. Viele der in den Zauberbüchern des 15. bis 17. Jahrhunderts beschriebenen Praktiken und Utensilien für eine Geister- bzw. Dämonenbeschwörung finden sich auf dem Gemälde wieder. Dabei sind besonders die apotropäisch wirkenden Gegenstände wichtig, die in einem magischen Kreis angeordnet werden, um einen Schutz vor den beschworenen Geistern und Teufeln bieten zu können. Dazu gehören die verschiedenen Knochen und Schädel, aber auch die klassisch christlichen Elemente wie das Weihwasser, Rosenkränze und Kreuze.[12] Im oben genannten Faustschen Höllenzwang wird zum Schutz noch geraten, das Doppelkreuz zu verwenden und Stirnbänder mit dem Kreuzestitel INRI als Aufschrift zu tragen.[13] Ein Doppelkreuz hält einer der Schatzsucher sehr deutlich erkennbar dem Teufel entgegen. Bei den weißen Bändern, die zwei der Männer – der mit dem Kreuz und der aus dem Zauberbuch lesende – um den Kopf tragen, könnte es sich um die empfohlenen Stirnbänder handeln, auch wenn keine Aufschrift zu erkennen ist.

Lakoon und seine Söhne, auch als Lakoon-Gruppe bekannt. Marmor, Nachbildung aus hellenistischem Original von 200 v.Chr., gefunden in den Trajan-Thermen in Rom im Jahr 1507 © LivioAndronico (2014), CC BY-SA 4.0, via Wikipedia

Königsfeld sieht die antike Laokoongruppe als Vorbild für die verschiedenen Ausdrücke von Schrecken und Entsetzen auf den Gesichtern der Männer.[14] Wenn dem so ist, dann wurden diese jedoch für diesen neuen Zusammenhang ins grotesk komische übersteigert. [15]

QUELLE

[1] Peter Königfeld: Der Maler Johann Heiss. Memmingen und Augsburg 1640-1704, Weißenhorn 2001, Nr. B 15, S. 294 und Nr. B 46, S. 302.

[2] Heide Klinkhammer: Der Topos der Schatzsuche: Raubgräber, Weisheitssucher und Dämonenbeschwörer, in: Frank Brunecker (Hrsg.): Raubgräber. Schatzgräber, Ausst.Kat. Biberach 2008, Stuttgart 2008, S. 64-87, dort S. 66.

[3] Zum Thema Schatzsucher siehe Klinkhammer 2008, S. 64.

[4] Ebenda, S. 79.

[5] Heike Klinkhammer: Schatzgräber, Weisheitssucher und Dämonenbeschwörer. Untersuchungen zur motivischen und thematischen Rezeption des Topos der Schatzsuche in der Kunst vom 15. bis 18. Jahrhundert, Berlin 1992, S. 26.

[6] Ebenda, S. 23.

[7] Ebenda, S. 31.

[8] Klinkhammer 1992, S. 248.

[9] Ebenda, S. 250.

[10] Ebenda, S. 232.

[11] Ebenda, S. 233.

[12] Ebenda, S. 237.

[13] Klinkhammer 2008, S. 81.

[14] Peter Königfeld: Der Maler Johann Heiß, Memmingen und Augsburg 1640-1704. Diss. Tübingen (1972), Weißenhorn 1982, S. 85.

[15] Vgl. Klinkhammer 1992, S. 233.

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