In unserer fünfteiligen Beitragsserie „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“ geben wir Einblicke in die Nachhaltigkeitsstrategie des Ausstellungsprojekts „Into the deep. Minen der Zukunft“. Die im Fonds Zero der Kulturstiftung des Bundes geförderte Ausstellung hat den Anspruch in allen Bereichen klimaneutral zu sein. Im fünften Teil der Serie erläutert Frauke Stengel, Nachhaltigkeitsbeauftragte des Zeppelin Museums, das Begleitprogramm der Ausstellung und berichtet, welche Maßnahmen darüber hinaus ergriffen wurden.

© Zeppelin Museum Friedrichshafen, Foto: Tretter
In einem eigens von der Abteilung Diskurs und Öffentlichkeit gestalteten interaktiven und mit museumspädagogischem Fokus kuratierten Bereich, dem Nachhaltigkeitslabor, haben Besucher*innen die Möglichkeit, sich mit „der Mine im eigenen Haus“ auseinanderzusetzen und einen alltagsbezogenen Zugang zu Rohstoffen und seltenen Erden zu erhalten. Das Nachhaltigkeitslabor wird durch eine große Tafel dominiert, die aus zweckentfremdeten geliehenen Obstkisten besteht. Auf der Tafel sind mit sogenannten Erklärkarten die Rohstoffe alltäglicher Gegenstände, die sich in vielen Haushalten befinden, aufgeführt. Von Smartphones über Laptops, Staubsaugerroboter bis hin zu E-Autos und Herzschrittmachern – im Nachhaltigkeitslabor werden die verbauten Rohstoffe sichtbar gemacht. Für jedes Exemplar eines Produkts, das im eigenen Haushalt vorhanden ist, nehmen sich die Besucher*innen ein Gewicht und legen es in ihren Korb, den sie am Anfang der Tafel vorgefunden haben. Je mehr kritische Rohstoffe in einem Produkt verbaut wurden, desto schwerer ist das Gewicht für ebenjenes. Am Ende wird der Korb gewogen. Besucher*innen können ihren eigenen Ressourcenverbrauch so mit dem bundesdeutschen Durchschnitt, der bei knapp über 3 Kilogramm liegt, vergleichen.



© Zeppelin Museum Friedrichshafen, Foto: Tretter
Die Körbe wurden uns von der Bibliothek der Universität Konstanz zur Verfügung gestellt. Die Erklärkarten wurden auf Wandtafeln gedruckt, die in der vorherigen Ausstellung Fetisch Zukunft. Utopien der dritten Dimension im Einsatz waren. Es sollte auch in diesem Bereich kein unnötiger Abfall entstehen. Zum Nachhaltigkeitslabor gehört außerdem die Klimawand, auf der Besucher*innen ihre eigenen Ideen zum Klimaschutz mit Kreide aufschreiben können. Diese Wand wird von einem 2D-Modell der Erde dominiert, das in der vorherigen Ausstellung Fetisch Zukunft als Tisch gedient hatte. Neben der Klimawand steht das Palettenforum, das Raum für Vorträge und Diskussionsrunden oder einer Pause während des Ausstellungsbesuchs bietet. Weiterführende Literatur wird hier ebenfalls zur Verfügung gestellt. Eine Wand des Palettenforums wurde mit der Klimabilanz 2021 des Zeppelin Museums beschrieben. Das Museum zeigt hier ganz transparent, wie es um den eigenen CO₂e-Fußabdruck bestellt ist.
Ursprünglich sollte das Nachhaltigkeitslabor kostenfrei über eines der Anlieferungstore, das zur Seeseite geöffnet werden kann, zugänglich sein. Dies war jedoch aufgrund der Klimatisierung der Räumlichkeiten und einer nicht umsetzbaren Abtrennung der restlichen Ausstellung nicht möglich.

© Zeppelin Museum Friedrichshafen, Foto: Tretter
Da das Repair Café, welches im Zuge der Ausstellung im ZeppLab eingerichtet wurde, sowohl über das Foyer als auch den Restauranteingang zugänglich ist, kann dieses Angebot kostenfrei besucht und genutzt werden. Das Repair Café steht dadurch allen offen und soll Museumsbesucher*innen ermöglichen, ihre beschädigten Fahrräder, Elektronikgeräte, Möbel oder Kleidung zu reparieren, anstatt diese zu entsorgen. Dazu werden kostenfrei Materialien und Werkzeuge sowie im Zuge des Begleitprogramms auch an regelmäßig feststehenden Terminen professionelle Hilfe beim Reparieren angeboten. Das Repair Café beherbergt außerdem eine Sammelstelle für alte Smartphones, CDs und DVDs, um diese fachgerecht recyceln zu können.




Das Begleitprogramm zu Into the deep sieht darüber hinaus Angebote vor, die sich im weitesten Sinne mit Nachhaltigkeit beschäftigen und über die Inhalte der Ausstellung hinausgehen. So gibt es zusätzlich zu den Vorträgen, die die Themen Aluminium in der Luftschifffahrt, Deep Sea und Deep Space Mining sowie Aktivismus vertiefen, interaktive Angebote, die auch das Schauhaus im Zeppelindorf integrieren. Diese Außenstelle des Zeppelin Museums ist ein Erinnerungsort, der das Leben der Arbeiter*innenbevölkerung in Friedrichshafen zur Gründungszeit der Zeppelinindustrie erlebbar macht. Es bietet als ideale Ergänzung zur Geschichte und Technik der Zeppeline im Zeppelin Museum die Geschichte(n) der Arbeiter*innen an. Zu jedem Haus der Siedlung im Zeppelindorf gehörte ein großes Gartengrundstück, das als Selbstversorgergarten für die Arbeiterfamilie gedacht war, und heute als historischer Schaugarten von der Stadt Friedrichshafen bewirtschaftet wird. Im Zuge des Begleitprogramms zu Into the deep wurden im Schauhaus Blumengestecke angefertigt, Marmelade eingekocht, ein Erntetausch organisiert und eine Einführung in Fermentation angeboten.

In Kooperation mit dem Museumsrestaurant, das biozertifiziert ist, fand eine Resteküche im Schaugarten statt, bei der das Kochen mit gängigen Lebensmittelresten, die häufig entsorgt werden, interaktiv präsentiert wurde. Um Obstreste zu verwerten, wurde der Bau einer Saftpresse angeleitet. Außerdem sollten Möbel aus Paletten (in diesem Fall die Variante aus Holz) gebaut und anlässlich der Bodensee CleanUP Days, die jedes Jahr während einer Woche im Frühsommer stattfinden, das Bodenseeufer von Müll befreit werden. Das Zeppelin Museum fungierte in diesem Jahr nicht nur als Ausgabestelle für Müllsäcke und Zangen, sondern ein Team des Museums zog ebenfalls an einem Vormittag zum Bodenseeufer los und kehrte mit vollen Säcken zurück. Weit über 2.000 Personen beteiligten sich an der CleanUP-Aktion.

Eine in mehrfacher Hinsicht nachhaltige Idee ist die Materialsammelstelle, deren Initiierung Teil des Förderantrags für den Fonds Zero war. Wir haben für ihre Umsetzung andere kulturelle Institutionen am Bodensee angeschrieben und vorgeschlagen, uns auf niederschwelligem Wege zu vernetzen und unseren Materialfundus zu teilen. Auf lange Sicht sollen Museen, Theater und Veranstaltungsorte Möbel, Gestaltungselemente oder Bühnenbilder untereinander austauschen können. So werden Materialien nicht nur mehrfach verwendet, sondern auch ressourcenverbrauchende Neuanschaffungen vermieden. Der Austausch funktioniert bisher mit geringem Aufwand. Eine gemeinsam geführte Excel-Liste führt den verfügbaren Bestand auf, kommuniziert wird auf direktem Wege per Telefon oder E-Mail, wobei jede Institution den eigenen Bestand verwaltet. Wir selbst haben von dieser Austauschbörse innerhalb der Institutionen auch für Into the deep profitiert. Den Werktisch im Repair Café hat uns das ebenfalls in Friedrichshafen ansässige Dornier Museum geliehen. Elemente des Nachhaltigkeitslabors stammen von der Bibliothek der Universität Konstanz.
Das bisher erfolgreichste Vortragsformat von Into the deep sind die Nachhaltigkeitsgespräche, die auf den Palettenforen innerhalb der Ausstellung stattfinden. Zu diesen werden Vertreter*innen der Stadt Friedrichshafen eingeladen, die direkt mit der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen arbeiten. Der Gestaltungsbeirat und die Abteilung Stadtgrün der Stadt Friedrichshafen waren bereits zu Gast. Sie geben Einblicke in ihren Arbeitsalltag und können Fragen beantworten, auf die Bürger*innen intuitiv eventuell keine Antwort wissen: Wie sieht eine klimafreundliche Stadt aus? Lassen sich Bausünden rückgängig machen? Kann man überhaupt nachhaltig bauen? Warum werden nicht mehr Bäume in der Stadt gepflanzt? Welche Bedürfnisse hat ein Stadtbaum? Diese Gespräche sind wie alle Open House! Vorträge des Zeppelin Museums kostenfrei.

To be continued …
Ein weiterer sechster und letzter Teil dieser Blogserie ist für voraussichtlich Anfang 2024 nach der Finissage und dem Abbau der Ausstellung Into the deep geplant. Sobald die Projektbilanzierung, der CO₂e-Ausgleich und die Prüfung durch den Gutachter stattgefunden haben, werden wir in einem Fazit zur Ausstellung die Emissionen auf Basis von Daten und Zahlen erläutern. Hier wird es auch Einblicke zum Erfolg des Klimatickets, Mobilitätsmaßnahmen für die Mitarbeiter*innen und die Kompensation durch CO₂e- Zertifikate geben.
Haben Sie Fragen?
Frauke Stengel ist Nachhaltigkeitsbeauftragte im Zeppelin Museum und Klimabeauftragte im Projekt Into the deep. Minen der Zukunft. Bei Fragen zum Nachhaltigkeitskonzept der Ausstellung oder der Nachhaltigkeitsstrategie des Zeppelin Museums, wenden Sie sich gerne an: nachhaltigkeit@zeppelin-museum.de
Lesen Sie auch: Teil 1: „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“: Nachhaltige Ausstellungsarchitektur Teil 2: „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“: Kuration Teil 3: „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“: Ausstellungsraum Teil 4: „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“: Kommunikation