In unserer fünfteiligen Beitragsserie „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“ geben wir Einblicke in die Nachhaltigkeitsstrategie des Ausstellungsprojekts „Into the deep. Minen der Zukunft“. Die im Fonds Zero der Kulturstiftung des Bundes geförderte Ausstellung hat den Anspruch in allen Bereichen klimaneutral zu sein. Im vierten Teil der Serie berichtet Frauke Stengel, Nachhaltigkeitsbeauftragte des Zeppelin Museums, welche Maßnahmen im Bereich Kommunikation ergriffen wurden, um dieses Ziel in die Tat umzusetzen.
Sind die teilnehmenden Künstler*innen engagiert, der Sammlungsbestand und das Lager durchforstet, steht die Architektur und hängt die Grafik bei optimaler Energieversorgung aller relevanten Räume, müssen natürlich noch potenzielle Besucher*innen über das Projekt informiert und dazu eingeladen werden. Auch der große Bereich der Kommunikation wurde hinsichtlich unserer Nachhaltigkeitskriterien optimiert. Elementar für die Kommunikation einer Ausstellung ist die Zusammenarbeit mit der Presse. Zu jeder neuen Ausstellung veranstaltet das Zeppelin Museum daher eine offizielle Pressekonferenz, bei der vor allem regionalen Journalist*innen eine exklusive Preview mit der Direktorin und allen Kurator*innen gewährt wird. Für diese Ausstellung gab es zudem eine Einführung ins Nachhaltigkeitskonzept und eine Vorstellung des Begleitprogramms, auf das wir im nächsten Teil dieses Blogbeitrags eingehen werden. Wir stellen den Journalist*innen eine Pressemappe mit den wichtigsten Informationen zur Ausstellung zur Verfügung, die für dieses Ausstellungsprojekt aus dem früheren Ausstellungsplakat zu „Fetisch Zukunft“ gefaltet wurden. Statt eines USB Sticks für die digitalen Inhalte haben wir den Link, hinter dem sich diese Inhalte verbergen, auf die Pressemappe zum eigenen Download geschrieben. Um auch die Anreise der Dienstleister*innen erfassen und bilanzieren zu können, wurden der Weg und die Anreiseart zusammen mit der Akkreditierung erfasst. Auf die Bilanzierung gehen wir im letzten Teil des Blogbeitrags ein, der nach Abschluss des Projekts erscheinen wird.

Überregional ansässige Journalist*innen, die über unsere externe PR-Agentur angesprochen werden, reisen auch unabhängig von der Pressekonferenz zum Museum, um über die Ausstellung zu berichten. Hierbei haben wir insbesondere darauf geachtet, dass die Anreise mit dem ÖPNV erfolgt und möglichst Synergien mit anderen Institutionen in der näheren Umgebung gebildet werden können. Viele dieser Journalist*innen kommen aus den deutschen Großstädten zu uns, was beispielsweise bei Berlin und einer Distanz von 750 Kilometern bei der Fahrt mit dem Zug mitunter erheblichen Aufwand bedeutet. Friedrichshafen ist nicht an das Fernnetz der Deutschen Bahn angebunden, sodass eine Anreise schnell zur Tagesreise wird. Darüber hinaus wurden anfallende Reisekosten nur dann erstattet, wenn die Anreise über den ÖPNV erfolgte.
Um die Besucher*innen direkt auf die Ausstellung aufmerksam zu machen, wurde ein Flyer mit den Inhalten und dem Programm zur Ausstellung auf zertifiziertem Blauer Engel Papier gedruckt und über die City Logistik von SK1 verteilt. Dieses Unternehmen zeichnet sich durch seine nachhaltigen Transportmethoden aus. Weitere Entfernungen werden mit dem E-Auto angefahren, die innerstädtischen Verteilungen erledigen die Kurier*innen dann mit einem Lastenfahrrad. Diese klimafreundliche Art der Verteilung ist möglich, da das Begleitprogramm zu den Wechselausstellungen in einem kleineren Radius verteilt wird, als der Jahresflyer des Museums.

Wie im zweiten Teil dieser Blogserie bereits erwähnt wurde, hat die Anreise der Besucher*innen den größten CO₂e- Impakt innerhalb der Klimabilanz des Museums. Dies verursacht immanent einen nicht unerheblichen Gewissenskonflikt, da wir uns einerseits natürlich möglichst viele Besucher*innen in der Ausstellung wünschen, dadurch aber andererseits unser CO₂e-Fußabdruck wächst. Um diesem Dilemma proaktiv zu begegnen, haben wir das Klimaticket eingeführt: Jede*r, die oder der während der Ausstellungslaufzeit mit dem ÖPNV, dem Fahrrad oder zu Fuß zum Museum anreist, erhält 10 Prozent Rabatt auf den Eintrittspreis. Die Anreise wird beim Ticketverkauf an der Kasse abgefragt. Dabei ist das Klimaticket der einzige Rabatt, der mit anderen Rabatten (ermäßigter Preis, Gruppenpreis etc.) kombinierbar ist. Dieses Angebot wird in vielen Besucher*innen-Bewertungen erwähnt, so dass es sich stark über Mundpropaganda verbreitet. Das Klimaticket wurde allerdings auch aktiv in die Werbestrategie und Kommunikation der Ausstellung mit eingebunden, in relevanten Newslettern und bei touristischen Partner*innen platziert.

Ein Teil des Ausstellungsbudgets steht am Zeppelin Museum für bezahlte Werbemaßnahmen zur Verfügung. Uns war es gerade bei Into the deep wichtig, dabei nicht nur einen maximalen Marketingeffekt zu erzielen, sondern die Haltung Nachhaltigkeit auch in diesem Bereich fortzuführen. Wir haben gezielt Magazine für unsere ausstellungsbezogene Anzeigenwerbung herausgesucht, die sich auch mit den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit beschäftigen und die zusätzlich auch klimafreundlich produziert werden. Zu finden waren Werbeanzeigen bei Good impact, nachhaltig leben und ecosia. Die touristischen Magazine, die über viele Jahre verlässliche Partner*innen des Zeppelin Museums geworden sind, haben die Emissionen unserer Anzeigen auch kompensiert. Ebenso haben wir materialfreie Werbung über das Radio genutzt und bei Bannern, die sowohl am Museumsgebäude als auch aufgrund des Bezugs an Baustellen innerhalb Friedrichshafens hängen, auf die Verwendung von Recyclingmaterial geachtet.

Die Einladungskarten für die Vernissage der Ausstellung wollten wir, um ihnen einerseits Wertigkeit zu verleihen, andererseits aber auch einen langfristigen Zweck zu geben, auf Samenpapier drucken. Dieses spezielle Papier wird oft bei Postkarten verwendet, wobei die Empfänger*innen die Karte einpflanzen können und aus den Samen Kräuter oder Blumen erwachsen. Die genauere Recherche ergab jedoch nicht nur unverhältnismäßige Kosten, sondern auch eine weniger nachhaltige Zusammensetzung des Papiers im Vergleich zu Blauer Engel zertifiziertem Recyclingpapier. Auch sehr grün klingende Alternativen wie Hanf- oder Apfelpapier haben sich leider als weniger nachhaltig und weniger widerstandsfähig und wandelbar entpuppt, als der Name erhoffen ließ.
Auf Merchandising-Artikel und speziell an die Ausstellung angepasste Souvenirs im Museumsshop haben wir komplett verzichtet. Zwar sieht die Strategie des Museumsshops generell eine lokale oder regionale Produktion unter Nachhaltigkeitsstandards vor, jedoch wollten wir hier gezielt auf ein Angebot verzichten. Das einzige Produkt im Shop zu Into the deep ist der am 20. September 2023 im Neofelis-Verlag erschienene Ausstellungskatalog, der ebenfalls strengen Nachhaltigkeitskriterien unterworfen wurde. Er sollte nicht nur auf Recyclingpapier mit Biofarben gedruckt werden, sondern als Gesamtprodukt möglichst kompostierbar sein. Da uns bewusst war, dass der Katalog nicht zur Ausstellungseröffnung erscheinen wird – da zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle Inhalte vorliegen konnten – sollte er mehr sein, als eine Verschriftlichung der Ausstellung. Zusätzlich zu den Beiträgen und Ausstellungsansichten haben wir „Life-Hack“- Seiten integriert, die teilweise das Begleitprogramm aufgreifen und ein noch größeres Themenspektrum eröffnen. So befinden sich im Katalog Rezepte, Reparatur- und Upcycling-Tipps und einzelne Katalogseiten sind heraustrenn- und umnutzbar.

Der Katalog weist zudem seine eigene Bilanzierung aus, die aus Daten des Museums, der Grafiker*innen, des Verlags und der Druckerei bestehen. So wurde für die Produktion des Katalogs ausschließlich 100 Prozent Ökostrom verwendet, Arbeitsschritte wurden standardmäßig durch die Druckerei und den Verlag kompensiert und durch eine geringere Auflage ein mögliches Überangebot vermieden. Der Katalog weist auf der letzten Seite seinen eigenen CO₂e- Fußabdruck aus, der bei 2225,38 kg CO2₂e liegt.
Lesen Sie auch: Teil 1: „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“: Nachhaltige Ausstellungsarchitektur Teil 2: „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“: Kuration Teil 3: „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“: Ausstellungsraum Teil 5: „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“: Begleitprogramm