Heute, am 28. September 2023, trafen mit der Morgenpost zwei historische Fotografien im Archiv des Zeppelin Museums ein. Die beiden Fotografien, die der Freundeskreis zur Förderung des Zeppelin Museums e.V. von privater Hand erworben hat, zeigen das Luftschiff LZ 127 über einer Wiese voller Menschen und Autobussen im Hintergrund sowie eine Nahaufnahme der hinteren Motorgondel, die von Polizisten und Männern mit weißen Armbinden umgeben ist. Auf der Rückseite sind die Fotos mit einem Stempel des Fotografen versehen: Schröder Photo Reichenbach.

Ein Blick in die Fahrtliste des Luftschiffes im Archiv ergab, dass am 28. September 1930, also genau heute vor 93 Jahren, eine Landungsfahrt nach Reichenbach im Vogtland / Sachsen stattfand. Der dazugehörige Fahrtbericht ist im Archiv leider nicht erhalten, aber die Eckdaten der Fahrt und die Zusammenfassung eines Artikels aus dem Reichenbacher Tagesblatt und Anzeiger vom 30. September 1930 geben näheren Aufschluss.
Das Luftschiff startete um 7.54 Uhr in Friedrichshafen und landete nach knapp siebenstündiger Fahrt in Reichenbach. 22 Fahrgäste wurden unterwegs im Salon mit einem frisch zubereiteten Mittagsmenü aus der Bordküche bewirtet. Weitere Fahrgäste wurden in die angrenzenden größeren Passagierkabinen platziert.
Bei der Landung im Reichenbacher Ortsteil Brunn traten Schwierigkeiten auf. Erst der dritte Versuch war erfolgreich. Beim ersten Landeversuch gegen 14.00 Uhr war das Luftschiff zu hoch angefahren, beim zweiten Versuch hatten die Sonnenstrahlen das Gas erwärmt, so dass der Anflug wieder zu hoch war. Ein niedrigerer Anflug führte dazu, dass der dritte Versuch schließlich erfolgreich war und das Luftschiff um 14.43 Uhr endlich sicher sächsischen Boden berührte. Bei den erwähnten Männern mit den weißen Armbinden handelt es sich vermutlich um Helfer, die als Haltemannschaft bei der Landung eingesetzt wurden.
Der Wikipedia-Eintrag zu Reichenbach-Brunn bezeichnete diese Zeppelin-Landung als „größtes Ereignis in der Ortsgeschichte von Brunn“ und eine Stadtgeschichte von Reichenbach gibt an, dass mehr als 130.000 Zuschauer vor Ort gewesen sein sollen. Im Bundesfilmarchiv hat sich auch ein ca. 8-minütiger Film mit dem Titel „Landung des ‚Graf Zeppelin‘ in Brunn am 28. September 1930“ erhalten. Er zeigt die Menschenmenge, die gespannt das Landemanöver beobachtet. Dann sieht man Männer und Frauen beim Aussteigen aus der Passagiergondel. Manche haben sogar Koffer dabei. Weitere Fahrgäste schauen aus den Fenstern des Luftschiffs. Offenbar fand in Reichenbach ein Fahrgastwechsel statt.
Der Aufenthalt in Reichenbach-Brunn war nur kurz. Nach einer knappen halben Stunde startete LZ 127 „Graf Zeppelin“ zur Rückfahrt, denn es galt, schnell nach Friedrichshafen zurückzukehren, wo zu dieser Jahreszeit bereits Nebel ein Problem bei der Landung darstellen konnte.
Auf dem Film sieht man nun Luftaufnahmen von der Landschaft, den Luftschiffschatten, der über Felder und Wiesen gleitet und Passagiere, die die Aussicht von den Gondelfenstern genießen. Vielleicht hatte der oben erwähnte Fotograf Schröder aus Reichenbach ja das Glück, die Rückfahrt nach Friedrichshafen mitmachen und diese Filmaufnahmen machen zu können. Es könnte aber auch sein, dass die Aufnahmen vom damaligen Werksfotografen der Luftschiffbau Zeppelin GmbH, Rolf Carl, stammen – wir wissen es nicht. Endgültige Klarheit könnte nur die Passagierliste dieser Fahrt geben. Doch die ist leider nicht erhalten. Den Film aber kann man auf der DVD-Edition „Zeppelin. Filmdokumente einer Legende“ anschauen, die im Shop des Zeppelin Museums erhältlich ist.

Zurück in Friedrichshafen, wo um 19.05 Uhr die Landung auf dem Werftgelände beim Riedlewald erfolgte, wartete auf das Luftschiff schon die nächste Aufgabe: ein Charterflug im Auftrag des Württembergischen Automobilclubs am 30. September.
Barbara Waibel