„Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“: Ausstellungsraum

In unserer fünfteiligen Beitragsserie „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“ geben wir Einblicke in die Nachhaltigkeitsstrategie des Ausstellungsprojekts „Into the deep. Minen der Zukunft“. Die im Fonds Zero der Kulturstiftung des Bundes geförderte Ausstellung hat den Anspruch in allen Bereichen klimaneutral zu sein. Im dritten Teil stellt Frauke Stengel, Nachhaltigkeitsbeauftragte des Zeppelin Museums, dar, wie sich die Umsetzung der geplanten Maßnahmen im Bereich Ausstellungsraum gestaltete.

Grafische Darstellung der Ergebnisse des Bereichs Energie, der Klimabilanz 2021.
© Zeppelin Museum Friedrichshafen

Innerhalb des Handlungsfelds Energie ist die Klimatisierung des Gebäudes der größte Faktor in der Klimabilanz eines Museums. Dies trifft auch auf das Zeppelin Museum zu. Eine der wichtigsten Maßnahmen, die wir daher in der Ausstellung Into the deep. Minen der Zukunft umsetzen wollten, war das Abschalten der Klimaanlage. Dies ist vor allem während der Sommermonate, in die der Großteil der Ausstellungslaufzeit (26. Mai bis 05. November) fiel, ein ambitioniertes Unterfangen. Die Räumlichkeiten werden nicht nur für das Wohlbefinden der Besucher*innen klimatisiert, sondern auch für die Exponate. Dabei muss man erwähnen, dass während der touristischen Hochsaison an einem Regentag zwischen 3.000 Menschen das Zeppelin Museum besuchen und sich die Luft im Gebäude erheblich mit der Feuchtigkeit des Außenklimas vermischt, wodurch die Luftqualität in den Ausstellungsräumen massiv sinkt. Damit das Besuchserlebnis nicht leidet, müssen die Räumlichkeiten gemäß dem Besucher*innenaufkommen klimatisiert werden.


Als weitere Hürde bei der Abschaltung der Klimaanlage stellte sich die Architektur des Museumsgebäudes heraus. Es handelt sich dabei um den denkmalgeschützten ehemaligen Hafenbahnhof, erbaut in den 1930er Jahren, der vor knapp 30 Jahren zum Museum umgebaut wurde. Die heutigen Räumlichkeiten sind alle miteinander verbunden und lassen sich im Ausstellungsbetrieb nicht luftdicht voneinander abtrennen. Das Abschalten der Klimaanlage nur in bestimmten Räumen führt also zur Veränderung des Raumklimas in allen Räumen.

Die Klimaanlage des Zeppelin Museums.
© Zeppelin Museum Friedrichshafen

Es ist daher tatsächlich am energieeffizientesten und am sparsamsten die Klimaanlage konstant auf einem Niveau laufen zu lassen. Dabei werden die Temperatur und Luftqualität täglich überwacht und der Einfluss der unterschiedlichen Raumhöhen, Glasfassaden und Exponatanforderungen durch Mikroveränderungen im Raumklima ausgeglichen. Die Haustechnik des Museums achtet stets darauf, dass die unterschiedlichen räumlichen Bedingungen innerhalb des Museums der Klimaanlage nicht mehr Belastung abverlangen als unbedingt nötig ist.

Würden wir in Into the deep ausschließlich Exponate der eigenen Sammlung ausstellen, so könnten wir die Klimatisierung bis auf das mögliche Maximum innerhalb des Klimakorridors beeinflussen. Sie gänzlich abzuschalten wäre aber auch dann nicht möglich. Im Erdgeschoss beeinflusst hauptsächlich der SHW-Wagen, eine Leihgabe aus dem Deutschen Museum in München, das Raumklima. Im Leihvertrag zum Exponat haben wir uns dem Münchner Museum gegenüber verpflichtet, das Fahrzeug bei Temperaturen von 18 bis 23°C zu präsentieren – Werte, die nur bei laufender Klimatisierung gehalten werden können. Ohne Klimaanlage heizt sich das Gebäude im Hochsommer schnell auf 26 bis 28 °C und mehr auf.

Die Ausstellungsansicht von Into the deep. Minen der Zukunft zeigt den zweiten Teil des Rundgangs im Obergeschoss. © Zeppelin Museum Friedrichshafen, Foto: Tretter

Die Ausstellungsräume im Obergeschoss verfügen im Gegensatz zum Erdgeschoss über nicht verdeckte Fenster. In der sogenannten Scheddachhalle, in welcher der zweite Teil der Ausstellung Into the deep zu sehen ist, wurden die Fenster mit UV-Folien abgedeckt, die sowohl die UV- als auch Wärmestrahlung verringern. Vor allem durch die Fensterreihe zur Seeseite, in der Ausstellung Eigentum verpflichtet! Eine Kunstsammlung auf dem Prüfstand , die in der Verlängerung zu „Into the deep“ gezeigt wird, muss das Raumklima künstlich ausgeglichen werden. Um die Klimaanlage etwas zu entlasten, ist der Ausstellungsraum nur über eine Tür zugänglich und die Temperatur wird täglich kontrolliert und je nach Besucher*innenaufkommen angepasst.

Zur dauerhaften Erhaltung sensibler Sammlungen, wie sie im Zeppelin Museum mit einem Konglomerat verschiedenster Materialien in den Bereichen Kunst und Technik vorliegen, sind konstant gehaltene Klimawerte wie oben bereits ausgeführt von großer Bedeutung. Organische Materialien wie Leder, Papier, Textilien oder Holz sind hygroskopisch, d.h. sie stehen in enger Wechselwirkung mit der Luftfeuchtigkeit: Trockene Luft entzieht ihnen Feuchtigkeit, bei feuchter Luft nehmen sie Feuchtigkeit auf, das heißt dass jeweils eine Volumensveränderung des Kunstwerks eintritt. Das bedeutet, dass Klimaschwankungen, insbesondere bei Veränderungen der mit der Temperatur eng verknüpften relativen Luftfeuchtigkeit, Kunstwerke und Objekte der Technikabteilung in ständiger Bewegung halten. Dies führt nicht nur zur allgemeinen Materialermüdung, sondern kann auch zu Verlusten im Malschicht- und Fassungsbereich bei Gemälden und Skulpturen durch Ablösungsprozesse vom Bildträger führen.

Ein Blick in die Kunstausstellung Eigentum verpflichtet! Eine Kunstsammlung auf dem Prüfstand, die die Objektgeschichten von knapp 400 Kunstwerken und die Biografie einschlägiger Kunsthändler untersucht.
© Zeppelin Museum Friedrichshafen, Foto: Tretter

Zwar benötigen die unterschiedlichen Materialien von Kunstwerken und technischem Kulturgut jeweils spezifische Klimaverhältnisse, aber es lassen sich für alle Komponenten kompromissfähige Rahmenbedingungen festlegen. Dieser Kompromiss liegt nach allgemeinen Empfehlungen (Landesstelle für Museumsbetreuung Baden-Württemberg, Doerner-Institut München) bei 45 bis 55 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit (± 5 Prozent) bei einer Temperatur von 18 bis 22 °C (± 4°C) in möglichst permanenter Konstanthaltung der Werte.

Das Hafenbahnhofsgebäude verfügt über teils schlecht isolierte Wände und Dächer, da eine deckende Isolierung für den früheren Bahnhofsbetrieb nicht notwendig war. Da das Außenklima permanenten Einfluss auf das Innenklima hat, ist es aus konservatorischer Sicht wichtig, eine innerhalb fester Grenzen liegende, langsame jahreszeitliche Anpassung des Innenklimas an das Außenklima anzustreben. Kurzzeitschwankungen, durch beispielsweise schnelles Aufheizen oder Abkühlen, sind zusammenfassend unbedingt zu vermeiden: Die Grenzwerte der relativen Luftfeuchtigkeit zu unter- bzw. überschreiten, birgt immer die Gefahr, dass unterhalb von 40 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit Holzbewegung einsetzt, die Holzrisse, Farb- und Fassungsverluste nach sich ziehen kann. Oberhalb von 60 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit besteht hingegen die Gefahr von Schimmelbildung, womit eine Zersetzung organischer Materialien, aus denen Kunstwerke überwiegend zusammengesetzt sind, einhergehen kann. Zusätzlich verschlechtert sich dadurch die Aufenthaltsqualität für die Besucher*innen, die Räumlichkeiten mit schlechter Luftqualität meiden.

In der Ausstellung platzierte Labels erläutern die ergriffen Maßnahmen für das Publikum.
© Zeppelin Museum Friedrichshafen

Das Zeppelin Museum orientiert sich an den Empfehlungen des deutschen Museumsbunds zum Klimakorridor für Sammlungsgut, die im Zuge der Energiekrise 2022 entstanden sind. Der Temperaturgrenzwert innerhalb der Ausstellungsräume sollte nach Arbeitsstättenrichtlinie ASR mindestens bei 18° Celsius und maximal bei 26 °Celsius liegen. Bei für die Öffentlichkeit länger geschlossenen Ausstellungen ohne ständigen Arbeitsplatz ist im Winter auch eine Raumtemperatur von 15 °Celsius möglich, beispielsweise in Depots. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte dabei immer zwischen 40 und 60 Prozent liegen. In der Wechselausstellung Into the deep liegen die Temperaturen an den meisten Tagen zwischen 21 und 22 °Celsius. Bei den Temperaturen, die die Klimaanlage erzeugt, um den Ausstellungsstandards und der Luftqualität zu genügen, wird es den Besucher*innen somit definitiv nicht zu warm oder kalt werden.



Seit dem ersten Januar 2023 bezieht das Zeppelin Museum 100 Prozent Ökostrom. Darüber hinaus ist geplant, das Museumsdach mit Photovoltaikpanelen auszustatten. Dabei müssen Denkmalschutz und Tragkraft des Museumsdachs beachtet werden, was das Projekt Energieautarkie deutlich verlangsamt. Für Into the deep, eine Ausstellung, die über vier Videoarbeiten verfügt, die als großflächige Projektionen gezeigt werden, ist das Thema Stromversorgung äußerst relevant.

Während der frühen Planungsphase wurde mit der Idee gespielt, Exponate, die Videoelemente enthalten, mit externen Photovoltaikpanelen zu versorgen, um den Impakt dieser Arbeiten zu verringern. Tatsächlich hätte dies zwar den Stromverbrauch der Videoarbeiten reduziert und diese womöglich sogar energieautark gemacht, jedoch hätte die kurzfristige Installation von Photovoltaikmodulen erheblichen Aufwand bei der Montage erfordert und wäre durch die Kurzfristigkeit der Nutzung alles andere als nachhaltig gewesen. Wir haben uns daher entschieden, den Stromverbrauch mit der Verwendung von Ökostrom bestmöglich abzufedern und den Einsatz von Photovoltaik mit dauerhaften Projekten voranzutreiben. 

Ab Oktober 2023 werden alle Räumlichkeiten des Zeppelin Museums darüber hinaus im laufenden Betrieb auf LED-Beleuchtung umgerüstet.

Lesen Sie auch:

Teil 1: „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“: Nachhaltige Ausstellungsarchitektur
Teil 2: „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“: Kuration
Teil 4: „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“: Kommunikation
Teil 5: „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“: Begleitprogramm

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