In unserer fünfteiligen Beitragsserie „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“ geben wir Einblicke in die Nachhaltigkeitsstrategie des Ausstellungsprojekts Into the deep. Minen der Zukunft. Die im Fonds Zero der Kulturstiftung des Bundes geförderte Ausstellung hat den Anspruch in allen Bereichen klimaneutral zu sein. Im zweiten Teil der Serie schildert Frauke Stengel, Nachhaltigkeitsbeauftragte des Zeppelin Museums, wie der Leihverkehr organisiert wurde, um die Freisetzung von Emissionen bestmöglich zu vermeiden.

© Zeppelin Museum Friedrichshafen
2019 hatte das Zeppelin Museum das letzte Energieaudit vor der Coronapandemie mit der Firma Siemens durchgeführt. Dabei wurden vor allem die Stromverbräuche und der Energiebedarf beim Heizen und Kühlen des Gebäudes ermittelt. Die Daten dieser Untersuchung flossen nahtlos in die erste Klimabilanzierung des Hauses ein. Für die Jahre 2021 und 2022 wurden ebenfalls Bilanzen erstellt, welche pandemiebedingte Veränderungen neben ersten Erfolgen der Nachhaltigkeitsbemühungen des Museums sichtbar machten. Der Bereich Mobilität ging daraus als größter CO₂e-Treiber des Zeppelin Museums hervor. Dies betrifft im Museumskontext nicht nur die Mobilität der Mitarbeiter*innen und Besucher*innen, auf die wir später noch eingehen werden, sondern auch die der Exponate. Kunsttransporte sind aufwendiger als reguläre PKW- oder LKW-Fahrten, denn ein Kunstwerk muss aufwendig und sicher verpackt sowie meist unter besonderen klimatischen Bedingungen transportiert werden. Daraus resultiert ein erhöhter Spritverbrauch und somit auch die Freisetzung von mehr Emissionen. Eine der wichtigsten Maßnahmen für die Ausstellung Into the deep. Minen der Zukunft war es daher, diese Transporte zu vermeiden.

© Zeppelin Museum Friedrichshafen, Foto: Tretter
Die interdisziplinäre Ausstellung wurde von den Abteilungen Kunst und Technik des Zeppelin Museums gemeinsam kuratiert, wobei jede Disziplin ihre Schwerpunkte in unterschiedlichen Kapiteln setzte. Das Einstiegskapitel Aluminium war einer der Schwerpunkte der Zeppelinabteilung. Bis auf ein Objekt stammen alle Exponate dieses Bereichs aus der umfassenden Techniksammlung des Museums. Es handelt sich dabei beispielsweise um Gesteinsproben von Bauxit, aus dem in sehr aufwendigen Verfahren Aluminium gewonnen wird, um etliche Aluminiumprodukte, die für die Luftschifffahrt von Bedeutung waren oder um deren Wiederverwendung nach Abwracken der Luftschiffträgerteile, wie Gerippeträger, Hocker oder Besteck. Das einzige Exponat, das für diesen Ausstellungsbereich ausgeliehen wurde, ist ein Zeppelinsilo. Es wurde von den Kurator*innen an einem anderen Standort in Friedrichshafen abgeholt und zu Fuß quer durch die Stadt zum Museum transportiert.



(2) Die Luftschiffbau Zeppelin GmbH stellte ab 1930 unter der Marke „Zeppelin Zier-Metall“ diverse Aluminiumgegenstände für den Haushalt her.
(3) Das Zeppelinsilo (links) steht symbolisch für die Neuausrichtung der Zeppelin Unternehmen nach dem Zweiten Weltkrieg.
Alle Fotos: © Zeppelin Museum Friedrichshafen, Foto: Tretter
Das Kapitel Aluminium zeigt außerdem zwei Großexponate: Eine Gondel des Luftschiffs LZ 1, die eigens für die Ausstellung aus dem nahegelegenen Museumsdepot geholt wurde und der sogenannte SHW-Experimentalwagen, eine Dauerleihgabe aus dem Deutschen Museum in München.


(2) Der Experimantalwagen der Schwäbischen Hüttenwerke GmbH aus Wasseralfingen.
Alle Fotos: © Zeppelin Museum Friedrichshafen, Foto: Tretter
Der SHW-Wagen wurde als Erweiterung der Autosammlung des Zeppelin Museums, die aus dem Maybach Zeppelin sowie dem Gaylord Zeppelin und Chassis besteht, beim Deutschen Museum angefragt und vor der Eröffnung von Into the deep bereits neben den anderen beiden Fahrzeugen präsentiert. Für die Wechselausstellung musste der Wagen also lediglich händisch von einem in den anderen Raum geschoben werden. Die Bedingungen aus dem Leihvertrag des SHW-Wagens bestimmen maßgeblich die Anforderungen an das Raumklima des unteren Ausstellungsbereichs, auf das wir im nächsten Teil der Blogserie näher eingehen werden.



Foto 1 und 2: © Zeppelin Museum Friedrichshafen
Foto 3: © Zeppelin Museum Friedrichshafen, Foto: Tretter
Die Exponate der weiteren drei Ausstellungskapitel Deep Sea Mining, Deep Space Mining und Aktivismus, die künstlerische Positionen zeigen, stammen alle nicht aus der Sammlung des Zeppelin Museums. Um aufwendige Transporte zu vermeiden, waren wir auf die praktische und gestalterische Unterstützung der Künstler*innen vor Ort angewiesen. Die Grundidee bestand darin, die Emissionen von Kunsttransporten zugunsten von Material- und Personentransporten zu verringern. Dafür wurden die Künstler*innen eingeladen nach Friedrichshafen anzureisen und dort eine Wohnung zu beziehen, wo sie vor Ort ihre Arbeiten schaffen konnten.

Kristina Õllek schuf ihre Installation Nautilus New Era, die aus mehreren Elementen besteht und ein künstliches Seebett darstellt, über mehrere Wochen hinweg direkt in der Ausstellungsfläche des Museums. Hier kam unter anderem der geliehene Bauzaun zum Einsatz, auf den sie eine Serie von neun Fotoarbeiten mit gezogenen Meersalzkristallen, die während der Laufzeit der Ausstellung stetig wachsen und die Bilder nach und nach überwuchern, mit Lehmkugeln angebracht und fixiert hat. Die blaue Farbe an der Fensterfront zum See, die diesen Bereich in ein dunkles Tiefseeblau färbt, wurde mit ökologischer Spirulina angerührt und lässt sich genauso abfallfrei entfernen, wie der mit Spirulina gefärbte Sand und die weiteren von ihr eingesetzten Elemente.



Bethany Rigby brachte die Gesteine, die den haptischen Teil Ihrer Installation Mining the Skies ausmachen, im Zug mit dem Koffer aus Großbritannien zum Museum und baute die Arbeit vor Ort auf. Fehlende Materialien wurden mit dem klimaneutralen Versanddienst der DHL transportiert.

© Zeppelin Museum Friedrichshafen
Für den Rücktransport werden ähnliche Wege gewählt: Die einzelnen Elemente der Installationen werden in ihre Ursprungszustände zerlegt und als Gepäck mit Personen im Zug an die Künstler*innen zurückgegeben. Dies ist vor allem dann, wenn Künstler*innen auf bestimmte Anbieter*innen oder eigene Materialien bestehen, nicht immer uneingeschränkt möglich.

Tatsächlich ist es ein essentieller Punkt bei der nachhaltigen Ausstellungsplanung möglichst umfassend auf die eigenen Sammlungsbestände und Neuanfertigungen zurückzugreifen, die kreiswirtschaftlich am Ende der Ausstellung weitergenutzt werden können und insbesondere auf long-distance Leihverkehr zu verzichten. Das gilt bei der Ausstellungsarchitektur ebenso wie bei der Kuration. Die Auswahl der teilnehmenden Künstler*innen und Exponate stand im Fall von Into the deep fest, bevor die Förderzusage im Fonds Zero der Kulturstiftung des Bundes kam, sodass für dieses Projekt die Herausforderung darin bestand, die Künstler*innen nachträglich für das ambitionierte Vorhaben ins Boot zu holen und gemeinsam nachhaltige Lösungsansätze zu erarbeiten.
Lesen Sie auch: Teil 1: „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“: Nachhaltige Ausstellungsarchitektur Teil 3: „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“: Ausstellungsraum Teil 4: „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“: Kommunikation Teil 5: „Neue Ästhetiken mit geringstmöglicher Klimawirkung“: Begleitprogramm