Als Alfred Colsman während seiner Hochzeitsreise im Jahr 1899 zum ersten Mal Graf Ferdinand von Zeppelin begegnete, erahnte er wohl kaum, wie sehr diese Bekanntschaft sein Leben prägen sollte. Etwa neun Jahre später, am 21. September 1908 wurde Colsman zum ersten Geschäftsführer der neugegründeten Luftschiffbau Zeppelin GmbH (LZ) ernannt. Eine Position, die er 21 Jahre lang bekleiden sollte.
Die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg
Nach dem Ersten Weltkrieg ließen sich der Geschäftsführer Colsman und die Zeppeliner*innen einiges einfallen, um den Konzern vor der Schließung zu wahren und die Mitarbeitenden nicht entlassen zu müssen. Die Handlungsmöglichkeiten der Luftschiffbau Zeppelin GmbH waren zu diesem Zeitpunkt massiv eingeschränkt, denn der Bau von Luftschiffen und Flugzeugen war untersagt. Kreativität war gefragt und so stellte die Luftschiffbau Zeppelin GmbH nun diverse andere Dinge her: Behälter für Molkereien, Brauereien und Benzinfirmen, Gondeln für alpine Seilbahnen, Küchengeräte wie Töpfe, Pfannen, Waffeleisen, Milchkannen oder Spätzlepressen, Gussteile für die Autoherstellung, Staubsauger und vieles mehr. Diese Produkte retteten den Konzern.

Einzelne dieser Notproduktionen, wie z. B. diese Teekanne aus Aluminium, kannst du in unserer Sonderausstellung „Into the deep. Minen der Zukunft“ aus der Nähe betrachten. Besuche uns! → Mehr Informationen
Privat mussten Colsman und seine Frau zu dieser Zeit einen schweren Schicksalsschlag verkraften: eine ihrer Töchter verstarb 1918 an der Spanischen Grippe.
Als Kaufmann war Colsman klar, oft kompromisslos und kämpferisch. Er setzte sich beispielsweise dafür ein, dass die Steuergelder nicht einseitig ausgegeben werden und bemängelte, dass von staatlicher Seite die Dessauer Firma Junkers bevorzugt behandelt wurde.
Im Oktober 1928 schrieb er:
Es ist zutreffend, daß der Luftschiffbau-Zeppelin mit seinen Tochtergesellschaften im Krieg große Gewinne gemacht hat… doch ist es dem LZ nicht anders ergangen, wie den meisten Kriegsunternehmungen, auch er verlor sein Vermögen in der Inflation. (…)
Die Zeppelin-Wohlfahrt GmbH wurde während des Krieges mit größeren Mitteln ausgestattet, sie hatte im besonderen Maße Substanzwerte erhalten in Gebäuden und Grundstücken, auch sie war nach der Inflation bar aller Betriebsmittel. Ihre Aufgabe sollte sein, den Boden für die Entwicklung einer Industrie in Friedrichshafen günstig zu gestalten. Für den Bau von Wohnhäusern und sozialen Einrichtungen sollte sie vorsorgen. Ein Unternehmen wie die Zeppelin-Wohlfahrt, welches gewissermaßen städtische Aufgaben übernahm und welches den Namen Zeppelin trägt, muß in bezug auf soziale Fürsorge an der Spitze marschieren… Daß eine Siedlung wie das Zeppelindorf nicht verkäuflich ist, wird jeder Wirtschaftler einsehen, ebenso, daß Grundstücke, welche die Zeppelin-Wohlfahrt zur Ausschaltung der privaten Spekulation in der Stadt erwarb, nur stückweise verkauft werden können… Es ist nicht Aufgabe der Zeppelin-Wohlfahrt, die Grundstückswerte in die Höhe zu treiben, sondern im Gegenteil ist es ihr vornehmster Zweck, die Kosten der Lebenshaltung in der Stadt herunterzudrücken. Durch sie ist Friedrichshafen (von der teuersten) zur billigsten Stadt des Landes geworden.

Auch in puncto Geld war Colsman sehr klar. Als ihn der Pfarrer von Kehlen um einen finanziellen Zuschuss bat, mit dem die Kirchenglocken seiner Gemeinde erneuert werden sollten, schrieb ihm Colsman:
Euer Hochwürden w. Zeilen bringen mich etwas in Verlegenheit, da ich einerseits gern Ihren Wunsch erfüllen möchte, andererseits aber zu befürchten habe, daß der Klang Ihrer neuen Glocken zugleich auch den benachbarten Kirchen verkünden würde, daß wir an der Beschaffung mitgewirkt haben, und die Folgen dieses Mitwirkens sich dann sehr bald durch weitere Wünsche geltend machen könnten. Ich bitte Sie darum, mir nicht zu verübeln, wenn ich Ihrer Bitte nicht nachkomme.
Colsman und Eckener
Auch Eckener war, ähnlich wie Graf Zeppelin, nicht immer derselben Meinung wie Colsman und standen darüber hinaus in Konkurrenz zueinander. Dennoch schätzten sie sich gegenseitig. Als erster Geschäftsführer der Delag erkannte Colsman die Fähigkeiten Dr. Hugo Eckeners als Luftschiffführer und setzte ihn erstmals 1910 dafür ein. Während des Ersten Weltkriegs war Eckener Ausbilder für die Luftschiffer-Abteilungen. In dieser Zeit machte er sich einen Namen als erster Luftschiff-Experte.
Nach dem Krieg war der Bau und Betrieb von Luftschiffen durch den Versailler Vertrag verboten, aber Eckener gelang es, die amerikanische Marine für das Starrluftschiff zu erwärmen. Tatsächlich bestellte die Marine bei der Luftschiffbau Zeppelin GmbH ein Luftschiff, das als Reparationsleistung der Deutschen gewertet wurde. Falls das Luftschiff verloren ginge, brauchte das Deutsche Reich eine Sicherheit. Als Vorstandsvorsitzender der Zeppelin-Stiftung verpfändete Eckener deswegen den LZ-Konzern als Sicherheit. Dadurch kam es zum Bruch zwischen Eckener und Colsman.

Nach der erfolgreichen Überführung des Schiffes durch Eckener in die USA hatten sich die deutsch-amerikanischen Beziehungen deutlich verbessert.
Colsman dagegen hatte nach dem Krieg eine Denkschrift verfasst, in der er sich für die Etablierung einer gemeinsamen europäischen Luftschifffahrt aussprach. Diese fand aber nur wenig Anklang.
Dass er sein höheres Ziel, die Wirtschaftlichkeit des Weltluftfahrtverkehrs nach dem Ersten Weltkrieg und den Jahren einer desolaten Weltwirtschaft nicht durchsetzen konnte, war sein Verhängnis. Er wollte das Konzernvermögen für bessere Zeiten aufsparen. Aber Eckener verlangte, dass man alle Mittel für die Luftschifffahrt einsetzen müsse, so hoch das Risiko auch sei. Ein Generaldirektor, der dies nicht unterstützte, war für Eckener fehl am Platz.
Colsman verließ schließlich den Zeppelinkonzern. Am 12. Juni 1929 ließ die Luftschiffbau Zeppelin GmbH über die Presse vermelden, dass Kommerzienrat Dr. [h. c., Anm. d. Red.] Alfred Colsman zum 12. Juli 1929 in freundschaftlichem Einvernehmen mit den Gesellschaftern seine Stellung als Generaldirektor niederlegen und dem Unternehmen auch in Zukunft mit seinem bewährten Rat zur Seite stehen werde.
Das Leben nach der Ära Zeppelin

Die Familie Colsman lebte noch etwa zwei Jahre in Friedrichshafen, damit zwei der Töchter noch die Schule beenden konnten. Colsman begab sich nach seiner Zeit beim Zeppelinkonzern auf Vortragsreisen und beschäftigte sich mit landwirtschaftlichen Themen. Erfahrungen diesbezüglich hatte er bei der Zeppelin-Wohlfahrt gesammelt, die eine große landwirtschaftliche Abteilung besaß, und auf seinem eigenen 80 Hektar großen Gut Wiggenweiler bei Bermatingen.
Finanziell war die Familie jedoch nicht gut aufgestellt. LZ hatte ihm zwar eine Abfindung von 200.000 RM gezahlt, doch Colsman sah sich gezwungen das Geld in die von seinem Bruder Carl geleitete Metallwarenfabrik in Werdohl zu stecken, die zu dieser Zeit durch Inflation etc. geschwächt war. Zugleich liefen seine verschiedenen Aufsichtsratsmandate nach und nach aus.
1931 zog Alfred Colsman nach Stuttgart, um dort in einer Ortstafeln GmbH als geschäftsführender Gesellschafter Geld zu verdienen. Doch aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage liefen die Geschäfte schlecht und die Firma ging pleite.
Während der Zeit in Stuttgarter schrieb er seine Biografie „Luftschiff voraus!“, die 1932 erschien.
1933 wurde der Wunsch an Colsman herangetragen, wieder in die Heimat zurückzukehren, um die Fabrik in Werdohl, die der Bruder Carl nicht hatte konsolidieren können, wieder auf die Beine zu stellen. Er akzeptierte. Doch diese Sanierung war für Colsman mit persönlichen Verlusten verbunden, denn er musste sein Gut Wiggenweiler verkaufen. Mit dem Erlös konnte er die Firma retten. Auch die Firmenanteile seines Bruders Carl gingen zu dieser Zeit auf ihn über. Der andere Bruder, Rudolf, war im Ersten Weltkrieg gefallen.
Problematisch war für ihn die Frage seiner Nachfolge im Unternehmen. Als patriarchalisch eingestellter Mensch traute er dies seinen vier Töchtern nicht zu und hoffte vergebens auf einen dafür geeigneten Schwiegersohn. Schlussendlich übertrug er die Geschäfte seinem Neffen Johann Friedrich Colsman.
Während des Dritten Reiches fertigte die Firma Feldflaschen, Geschirr und Besteck für die Wehrmacht. Es kann vermutet werden, dass Colsman als Gegner des Nationalsozialismus, dies nur bedingt guthieß.

Am 9. Januar 1955 starb Alfred Colsman.
Die metallverarbeitende Fabrik in Werdohl sowie zahlreiche Tochterunternehmen der Luftschiffbau Zeppelin GmbH existiert noch heute in Friedrichshafen. Auch die Arbeitersiedlung, das Zeppelindorf Friedrichshafen, die durch die Zeppelin-Wohlfahrt errichtet wurde, ist erhalten.

Schauhaus im Zeppelindorf Friedrichshafen
Seit 2013 betreibt das Zeppelin Museum Friedrichshafen das sogenannte Schauhaus im Zeppelindorf als Außenstelle. Mit diesem steht in Friedrichshafen ein Erinnerungsort zur Verfügung, der das Leben der hiesigen Arbeiterbevölkerung zur Gründungszeit der Zeppelinindustrie erlebbar macht.
Besuchen Sie uns!
QUELLEN: Alfred Colsman: Luftschiff voraus! Berlin, 1933 Rudolf Kaefer: Alfred Colsman – ein ungewöhnlicher Unternehmer, Friedrichshafen, 2001 Heinz Steude: Alfred Colsman – Generaldirektor und Mensch, Friedrichshafen, 1993