Teil I: Alfred Colsman – Geschäftsführer der Luftschiffbau Zeppelin GmbH

Heute jährt sich der Geburtstag von Alfred Colsman zum 150. Mal. 21 Jahre lang (1908–1929) war er Geschäftsführer der Luftschiffbau Zeppelin GmbH (LZ). Der Sohn eines Aluminiumfabrikanten war die treibende Kraft in der Gründung zahlreicher Tochterunternehmen der LZ, wie beispielsweise der Maybach Motorenbau GmbH oder Dornier-Metallbauten GmbH. Er wurde damit zu eine der Schlüsselfiguren in der frühen Unternehmensgeschichte der heutigen ZF sowie vielen weiteren ehemaligen Tochterunternehmen, die in großen Teilen noch heute in Friedrichshafen ansässig sind.

Geboren wurde Alfred Colsman am 7. Mai 1873 im sauerländischen Werdohl, einem kleinen Ort am Fluss Lenne. Beinahe wäre er einst im Fluss ertrunken, wenn nicht ein glücklicher Umstand sein Leben rettete. Dieses Nahtoderlebnis soll ihn für sein gesamtes Leben geprägt haben. Prägend war sicherlich auch das Aufwachsen in einer protestantischen Industriellenfamilie, die bescheiden und einfach in einem ehemaligen Bauern- und Gasthof lebte. Sie stellten Metallwaren her.

Alfred war der dritte Sohn und hatte nur Brüder. Er erzählte, dass die Mutter die Heranwachsenden mit Grießbrei ernährte und er und seine Brüder den Knecht beneideten, bei dem es abends Bratkartoffeln gab.

In Werdohl besuchte er die Grundschule und kam anschließend zu einem Pastor in Pension, um in Barmen sechs Jahre lang das Gymnasium zu besuchen. Er verließ es mit der mittleren Reife. Im Anschluss daran absolvierte er in Siegen freiwillig ein Jahr Militärdienst und wurde von dort als Vizewachtmeister entlassen. In den folgenden Jahren muss er an Manövern und Wehrübungen teilgenommen haben, denn im Jahr 1899 wurde er zum Leutnant der Reserve, 1910 zum Oberstleutnant der Reserve befördert.

1891 ging er für einige Zeit nach Genf, um Französisch zu lernen und in verschiedenen Firmen eine kaufmännische Ausbildung zu erhalten. Diese schloss er jedoch nie ab.
Anschließend ging er nach Berlin-Charlottenburg, wo er an der Technischen Hochschule Maschinenbau studierte und einer akademischen Studentenverbindung beitrat.

An seinem 23. Geburtstag verstarb sein Vater und Alfred brach das Studium ab. Gemeinsam mit seinen Brüdern führte er das väterliche Unternehmen weiter, obwohl er weder eine technische noch eine kaufmännische Berufsausbildung abgeschlossen hatte. Beschwerliche Reisen führten ihn zu Kunden in der Türkei, nach Russland und Schweden.

Colsman und Berg

Ende des 19. Jahrhunderts war Carl Berg zum führenden Aluminiumfabrikanten aufgestiegen. In Sachen Luftschiff trat zuerst David Schwarz an ihn heran, um mit seiner Hilfe ein Luftschiff zu bauen. Dieses war jedoch nicht wirklich flugtauglich, was Berg jedoch nicht abschreckte, gemeinsam mit dem Grafen Zeppelin weitere Luftschiffe zu bauen.

1899 hatte Colsman Helene Berg geheiratet, eine Tochter von Carl Berg, und war in den Betrieb des Schwiegervaters eingetreten, um ihn zu unterstützen. Zudem arbeitete er noch weiter mit seinen Brüdern zusammen.

Auf der Hochzeitsreise fuhren die Frischvermählten nach Konstanz und wohnten im Inselhotel, dem Geburtsort des Grafen Zeppelin, und fuhren mit dem Schiff nach Friedrichshafen, um sich den LZ 1 in der schwimmenden Halle anzuschauen. Das Ehepaar begegnete dem Grafen Zeppelin dort zum ersten Mal.

Als Carl Berg im Jahr 1906 starb, sahen die Colsmans den Grafen Zeppelin auf der Beerdigung wieder. Dort erzählte der Graf von seinen Plänen, eine neue Luftschiffbau-Gesellschaft zu gründen. Colsman war von der Idee sehr angetan und sagte dem Grafen jegliche Hilfe zu.

Colsman und Zeppelin

Alfred Colsman reiste 1907 und im Frühjahr 1908 nach Friedrichshafen, um gemeinsam mit dem Grafen die Bedingungen für eine neue Luftschiffbau-Gesellschaft auszuloten. Sie sprachen über das passende Gelände, mögliche Aufträge und die Kosten eines solchen Unternehmens.

Wie Colsman letztendlich zum Luftschiffbau kam, schreibt er in seiner Biografie „Luftschiff voraus!“:

Ich selbst hatte am Morgen des 5. August 1908, bevor noch die Nachricht vom Unglück [von Echterdingen, Anm. d. Red.] eintraf, an Zeppelin geschrieben und mich für den Fall zur Verfügung gestellt, daß er nochmals an die wirtschaftliche Ausnutzung des Baus seiner Luftschiffe denken sollte; ich wüßte, schrieb ich, daß er von mir annehme, daß ich das in selbstloser Weise tue.

Diesen Brief fand Graf Zeppelin, von Echterdingen heimkehrend, auf seinem Schreibtisch. Bereits am nächsten Tage erhielt ich ein Telegramm: ‚Erbitte Ihren Besuch‘, worauf ich antwortete: ‚Bin morgen dort.‘ Von diesem Tage an war ich in Friedrichshafen.

Graf von Zeppelin mit Colsman und Dürr in der Motorgondel zur ILA, 1909 © Zeppelin Museum Friedrichshafen

Als Graf Zeppelin mich bald nach meiner Ankunft fragte, ob ich ihm helfen wolle, antwortete ich, daß ich ja das bereits geschrieben hätte. ‚Nein‘, sagte er, ‚So meine ich das nicht, ich wollte fragen, ob Sie mein Direktor werden wollen. Ich lasse Ihnen vier Wochen Zeit zur Überlegung.‘ Ich antwortete: ‚Das ist nicht notwendig, Exzellenz, ich sage gleich ja‘, und bin dann alsbald an die Arbeit gegangen und habe der großen Aufgabe wegen meine Selbständigkeit als Industrieller aufgegeben. In den ersten Wochen wurden zwischen und weder Gehalts- noch Vertragsfragen besprochen, es gab wichtigere Arbeit zu tun.

Nicht immer waren sich Colsman und der Graf einig und in den Folgejahren kam es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten. Colsmans forsche Art kollidierte mit der Hartnäckigkeit und dem Altersstarrsinn des Grafen. Eckener, der auch Psychologie studiert hatte, bemühte sich um Beilegung der Streitigkeiten. Sicherlich war auch der Altersunterschied von Bedeutung, denn als Colsman mit 35 Jahren zum Geschäftsführer ernannt wurde, war der Graf bereits 70 Jahre alt.

Colsman als Geschäftsführer der Luftschiffbau Zeppelin GmbH

„Generaldirektor und Mensch“ titelt eines der Bücher über Alfred Colsman, und traf damit genau auf den Punkt, denn Colsman galt als geschäftstüchtig und menschlich zugleich.

Am 21. September 1908 wurde Colsman vom Grafen als Geschäftsführer der neu gegründeten Luftschiffbau Zeppelin GmbH eingesetzt. Die GmbH konnte mit den Spendengeldern des deutschen Volkes nach dem Unglück von Echterdingen gegründet werden.

Colsman war von Anfang an aktiv und gründete zahlreiche weitere Betriebe, wie Heinz Steude zu berichten weiß:

Maybach für den Motorenbau, Dornier für die Flugzeugentwicklung, eine Ballonhüllenfabrik in Berlin für die Hüllenfertigung und Wasserstoff-Sauerstoff-Werke in Berlin und Friedrichshafen für die Produktion der Füllgase, die Zahnradfabrik Friedrichshafen endlich zur Herstellung guter Luftschiff- und Flugzeuggetriebe. Daß er auch den Vertrieb des Hauptproduktes, der Luftschiffe, tatkräftig in die Wege leitete, zeigte die Gründung der Delag, der Deutschen Luftfahrt-Aktiengesellschaft. Daß er ebenso die weiter gestellten Aufgaben eines wirtschaftlichen Großunternehmens nicht vergaß, zeigt die Schaffung der Zeppelin-Wohlfahrt zu Hebung der sozialen Lage der Beschäftigten sowie der Omira – der Oberland-Milchverwertung Ravensburg – zur Verbesserung der Lebensbedingungen Friedrichshafens. Denn dies war damals die teuerste Stadt des Landes.

Bereits 1909 hatte Colsman als dynamischer Unternehmertyp mit den Firmengründungen begonnen. Er stoß damit aber nicht immer auf Wohlwollen. Der Graf beispielsweise wollte keine Delag, während Chefingenieur Ludwig Dürr gegen die Gründung des Motorenbaus war, weil er keine Kompetenzen außer Haus geben wollte. Eckener sprach spöttisch von einem „Gründungsfimmel“ Alfred Colsmans.

Colsman galt als unbestechlicher Geschäftsmann und hatte ein forsches Auftreten. Manchmal war er gar brüskierend ehrlich, wie eine Antwort auf ein Bittschreiben des Vereins „Hohenzollernklänge“ zeigt. Die Mitglieder dieses Vereins, der unter dem Protektorat des Prinzen von Hohenzollern-Sigmaringen stand, hatten sich gewünscht, Colsman als Ehrenmitglied in ihren Reihen begrüßen zu dürfen. Colsman antwortete auf deren Bitte: „Ich bitte davon abzusehen, meinen Namen als Ehrenmitglied einzutragen, da ich als Republikaner auf eine derartige Eintragung keinen Wert lege.“

Teil 2 folgt am Mittwoch, 10. Mai 2023 um 10 Uhr.

QUELLEN: 
Alfred Colsman: Luftschiff voraus! Berlin, 1933
Rudolf Kaefer: Alfred Colsman – ein ungewöhnlicher Unternehmer, Friedrichshafen, 2001
Heinz Steude: Alfred Colsman – Generaldirektor und Mensch, Friedrichshafen, 1993

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