Die Vorgeschichte
Graf von Zeppelin hatte von Anfang an zum Ziel, seine Luftschiffe an das Militär zu verkaufen, aber das war nach den vielen Rückschlägen gar nicht so einfach. Das Heer hatte zwar den LZ 3 / Z I und weitere Schiffe gekauft, aber im Reichsmarineamt stieß der Graf nicht auf großes Interesse, obwohl er selbst von der militärischen Tauglichkeit seiner Luftschiffe überzeugt war. Das bestätigte auch Sir Walter Raleigh, Mitglied des britischen Technical Subcommittee des Committee of Imperial Defense. Er äußerte sich über Zeppeline als günstiges Mittel der Marine-Aufklärung nach einer Fahrt mit der „Viktoria Luise“:
„Bei günstigen Wetterbedingungen können die deutschen Luftschiffe bereits für Aufklärungsfahrten über den Weiten der Nordsee eingesetzt werden, und ein Luftschiff kann, wegen der bei günstigen ‚Wetterbedingungen ausgezeichneten Sicht aus großer Höhe die Arbeit einer Vielzahl an Aufklärungskreuzern leisten.“
Admiral Alfred von Tirpitz, Staatssekretär im Reichsmarineamt, zeigte sich in seinen „Erinnerungen“ aus dem Jahr 1919 skeptisch, weil er die Gefahr sah, dass man aufgrund der Welle eifriger Erfindungen eher „ein Museum von Experimenten“ statt eine schlagkräftige Flotte erhalten könnte.
Tirpitz war grundsätzlich nicht vom Luftschiff begeistert, was natürlich nach der Katastrophe von Echterdingen 1908 nicht besser wurde. Er bemerkte dazu: „Das Ding an sich ist nicht sehr sicher, und ob das System sicher ist, bleibt äußerst strittig.“
Dennoch beauftragte er zwei Jahre später den Marine-Schiffbaumeister Felix Pietzker, die Entwicklung der Luftschiffe aus Friedrichshafen zu beobachten. Pietzker stellte fest, dass die derzeit sich im Dienst befindlichen Zeppeline sehr wind- und wetterabhängig seien und auch noch nicht über große Reichweiten verfügten. Er glaubte, dass ein effizienteres Schiff mit einer Geschwindigkeit von 72 km/h erreicht werden könne, wenn man die Rumpfform aerodynamischer verändere und das Schiff verlängere. Er präsentierte Tirpitz Zeichnungen seiner Ideen für ein Schiff mit 34.640 m³ Gasvolumen und sechs Motoren mit je 140 PS Leistung, aber Tirpitz glaubte nicht, dass der Reichstag die dafür veranschlagten drei Millionen Mark bewilligen würde. Außerdem hatte sich Graf Zeppelin dazu geäußert, dass er für die Konstruktion eines Schiffes dieser Dimension mehrere Jahre benötige.
Alfred Colsman, der Direktor der Luftschiffbau Zeppelin GmbH (LZ), schrieb in seinem Buch „Luftschiff voraus!“ über Tirpitz:
„Der Staatssekretär des Reichsmarineamts war nicht geneigt, seinen geplanten Flottenaufbau durch neue Entwicklungsaufgaben zu stören, er wollte andere Ressorts das Lehrgeld für die Luftschiffahrt aufbringen lassen.“
Erst im Sommer 1911 änderte Tirpitz seine Meinung, weil der Druck des Kaisers und der Öffentlichkeit zu groß wurden und laut des Marineluftschiffspezialisten Douglas H. Robinson „beunruhigende Nachrichten seiner Marineattachés besagten, dass die Luftschiffprogramme in anderen Marinen Fortschritte machten“.
Auch Alfred Colsman war maßgeblich an Tirpitz‘ Sinneswandel beteiligt. Er war extra mit seiner Frau und den Kindern nach St. Blasien in den Urlaub gefahren, wo Tirptz seinen Sommersitz hatte und ebenfalls im Urlaub war.
Colsman erinnerte sich:
„Beim ersten Frühstück erkundigte ich mich nach dem Staatssekretär; der Wirt flüsterte mir zu, daß dessen Adjutant, Herr von Müller, grad am Nebentisch sitze. In einer bald folgenden Unterredung, in der ich die kritische Lage des Luftschiffbaus schilderte, bat ich Herrn von Müller, mich beim Staatssekretär anzumelden; er hielt das zunächst für ein zweifelhaftes Unternehmen, erklärte sich aber dann doch bereit. Nach einiger Zeit ließ der Staatssekretär bitten.
In heißer Sommerglut stieg ich zur Tirpitzschen Villa hinauf und geriet, von der verkehrten Seite kommend, ins Hausgärtchen Ihrer Exzellenz, die, mit Stachelbeerpflücken beschäftigt, mich freundlichst ins Haus führte, wo ich vom Gestrengen dann aber weniger freundlich empfangen wurde.
‚Es ist mir nicht angenehme, daß Sie meinen Urlaub stören.‘ Mit diesen Worten empfing mich in ganzer Größe der Staatssekretär im kleinen Raume seines Schwarzwaldhäuschens; er war erstaunt, als ich, ohne erschüttert zu sein, erwiderte, daß mir, wenn ich so wohnte, solche Störung auch unangenehm sein würde. Solche Herren waren damals gewöhnt, simple Direktoren in Ehrfurcht ersterben zu sehen.
Bei der folgenden Unterhaltung war Herr von Müller zugegen. Ich wies zunächst auf die Leistungen des Luftschiffs ‚Schwaben‘ hin und bat Seine Exzellenz, an einer Fahrt der ‚Schwaben‘ teilzunehmen. ‚Ich lasse meinen Urlaub nicht stören‘, brauste Tirpitz zum zweite Male auf. Ich schwenkte ein und bat, durch Sachverständige unsere Auffassung prüfen zu lassen, daß Schiffe dieser Art für die Aufgaben der Marine brauchbar seien. Tirpitz schien bereit, auf diesen Vorschlag einzugehen, sagte aber: ‚Vor 1913 bestelle ich kein Luftschiff.‘ Ich: ‚1913 bekommen Eure Exzellenz kein Luftschiff mehr.‘ Tirpitz: ‚Wieso?‘ Ich: ‚Wenn ich ohne Aussicht auf Auftrag heute von Eurer Exzellenz gehe, werde ich in vier Wochen den Bankrott des Luftschiffbaus erklären; bevor ich aber dies Unternehmen zusammenbrechen lasse, werde ich den Engländern ein Schiff anbieten. Was würde der Reichstag sagen, wenn die Engländer eher ein Luftschiff hätten als wir?‘“
Einige Wochen später kam es in Berlin noch zu einer zweiten Unterredung zwischen Colsman und Tirpitz.
Schließlich bestellte das Reichsmarineamt bei der Luftschiffbau Zeppelin GmbH für 850.000 Mark einen Zeppelin. Es handelte sich um LZ 14 / L 1.

Alfred Colsman erinnerte sich an einen der externen Beteiligten der Marine:
„Marinebaumeister Pietzker, dessen Verdienste um die Entwicklung des Luftschiffes m. E. in der Öffentlichkeit bisher nie ausreichend gewürdigt wurden, fand auch beim Unglück des L 2 den Tod. – Pietzker, der nicht nur auf die Entwicklung der Friedrichshafener Luftschiffe, sondern auch auf die von Schütte-Lanz einwirkte, verstand meisterlich, die befruchtende Konkurrenz beider Firmen zu beleben. Das geistige Ringen zwischen Pietzker und Dürr [LZ-Oberingenieur Dr. Ludwig Dürr] gehört zu den prachtvollsten Kämpfen, die ich beobachtet habe.“
Felix Pietzker hatte es nicht leicht, sich mit Änderungen und neuen Ideen wie beispielsweise einer neuen Form des Luftschiffs gegen Ludwig Dürr durchzusetzen. Eine andere Forderung Pietzkers war eine starke Verglasung des Führerstandes, um die Marineoffiziere besser zu schützen. Er konnte sich in diesem Fall dann doch noch durchsetzen und LZ 14 / L 1 wurde versuchsweise mit Schutzscheiben versehen. Zuvor gab es keine Scheiben in der Führergondel, da man dachte, dass durch das Fühlen des Fahrstroms zum Beispiel eine glattere Landung des Schiffs eher möglich sei.


Alfred Colsman über das fast fertig gebaute Marineluftschiff:
„Bei einer Probefahrt sollte eine Wasserlandung auf dem See ausgeführt werden.
Dürr war im Innersten über den Schutzscheibenblödsinn ergrimmt; die Wasserlandung fiel nicht ganz glücklich aus; die Gondel stieß zu hart ins Wasser, so daß ihre Streben knickten und die Zellonscheiben verbogen wurden. Als Dürr im grimmigen Zorn das ganze Gelump faßte, herunterriß und in den See warf, bog sich der alte Herr [Graf Zeppelin] vor Lachen.“
Während man in Friedrichshafen emsig am Luftschiff baute, war auch die Marine in Sachen Luftschifffahrt nicht untätig geblieben: Marineoffiziere und ziviles Fachpersonal begannen, an der Nordseeküste einen geeigneten Ort für eine Luftschiffbasis zu suchen und wurden in der Nähe von Nordholz, südlich von Cuxhaven, fündig. Außerdem hatte die Marine im April 1913 für vier Jahre den DELAG-Hangar in Hamburg-Fuhlsbüttel angemietet.

Ende September 1912 war LZ 14 fertiggestellt. Es handelte sich um den bislang größten Zeppelin mit einem Gasvolumen von 22.465 m³, 158 m Länge und einem größten Durchmesser von 14,86 m.
Am 3. Oktober 1912 fand die Besichtigung des LZ 14 / L 1 durch eine Kommission des Reichsmarineamtes statt, die schon während der Bauzeit des ersten Marineluftschiffs immer wieder nach Friedrichshafen gekommen war. Ein Mitglied der Kommission war unter anderen Kapitänleutnant und Marinebaumeister Pietzker. Bis auf wenige Dinge, die noch nicht fertiggestellt waren, wie zum Beispiel die Scheinwerfer oder die F.T.-Einrichtung [d. h. Funkentelegraphische Einrichtung], war das Luftschiff fahrtüchtig. Der nachträgliche Einbau durch den LZ bis zur Übergabe des Schiffes wurde von der Kommission genehmigt.
Erste Fahrten als LZ 14

Seine Erstfahrt absolvierte LZ 14 am 7. Oktober 1912 über Friedrichshafen. Sechs Tage später brach das neue Luftschiff zu einer Langstreckenfahrt nach Norddeutschland auf. Graf Zeppelin hatte das Kommando über die 20 Besatzungsmitglieder.
Nach mehr als 30 Stunden und 1.450 zurückgelegten Kilometern kam der Zeppelin zurück nach Friedrichshafen. Diese Fahrt wurde als Beweis gewertet, dass Luftschiffe für lange Aufklärungsfahrten geeignet seien.
Nach dieser Fahrt tauchten in England Gerüchte auf, ein abgedunkeltes Luftschiff sei entlang der englischen Küste gefahren. Obwohl Graf Zeppelin vehement widersprach, hielten sich diese Gerüchte hartnäckig und man sprach von „Phantom-Luftschiffen“ (D. H. Robinson).
Am 17. Oktober 1912 wurde LZ 14 / L 1 von Friedrichshafen nach Johannisthal bei Berlin überführt, wo seit Juli 1912 das Marine-Luftschiff-Departementunter Korvettenkapitän Friedrich Metzing aufgestellt wurde. Dort war auch extra dafür von der Luftverkehrsgesellschaft (LVG) eine große Halle angemietet worden. Noch am selben Tag nahm Staatssekretär von Tirpitz höchstpersönlich in Gegenwart des Grafen Zeppelin das Luftschiff ab. Anwesend waren unter anderen Vizeadmiral Karl Dick, LZ-Direktor Alfred Colsman, LZ-Oberingenieur Dr. Ludwig Dürr, Korvettenkapitän Friedrich Metzing und Kapitänleutnant Günther Hanne.
Die drei Maybach-Motoren wurden auseinandergenommen, um einen möglichen Verschleiß feststellen zu können. Die Überprüfung ergab, dass die einzelnen Motorenteile keinerlei Verschleißerscheinungen zeigten. Nach der insgesamt knapp einstündigen Prüfung des Zeppelins erklärte Admiral von Tirpitz, dass das Luftschiff in den Reichsdienst übernommen werde. Korvettenkapitän Metzing erhielt offiziell das Kommando über LZ 14, das die Marinekennzeichnung L 1 (für Luftschiff 1) bekam. Der Admiral beglückwünschte anschließend den Grafen Zeppelin.

LZ 14 / L 1 wurde zunächst in Johannisthal stationiert und stieg im Herbst und Winter fast täglich zu kurzen Fahrten auf, bei denen die Offiziere und das Bordpersonal geschult wurden. Tirpitz erkannte, dass es notwendig war, die Mannschaften in der Handhabung des Schiffes gründlich auszubilden, „bevor man zum militärischen Teil des Experiments überging“, wie Robinson es ausdrückte.
Nach einer dieser Fahrten, die über Stettin geführt hatte, druckte die Saarbrücker Zeitung Ende November 1912 in ihrem „Kleinen Feuilleton“ einige Schulaufsätze über dieses Ereignis ab. Die Schüler eines Jungengymnasiums sollten Briefe an den Grafen Zeppelin schreiben. Einer davon lautete:
„Lieber Herr, ich bedanke mich auch für den Zeppelin. Das sah sehr schön aus. Ich sah ihn von meinem Fenster aus den großen Zeppelin. Ich dachte erst es wäre eine Leberwurst und wollte schon einbeißen. Wir konnten auch deutlich das Surren der Propeller hören. Seien Sie doch bitte so gut und bauen hier eine Halle her denn dann würden wir beim ersten Fluch wieder frei kriegen das wäre wunderschön. Wenn ich auch mal mitfahren könnte, das wäre wohl viel kosten, lassen Sie das nicht einmal umsonst?
Vielen Dank für die Zeigung des Zeppelins. Besten Gruß des Sextaners Heinz Walter.“
Offizielle Fahrten als L 1
Am 4. Januar 1913 stieg das Luftschiff zum ersten Mal offiziell als L 1 auf. Kapitänleutnant Günther Hanne hatte das Kommando. Bei dieser Fahrt war neben dem Personal auch Admiral von Tirpitz mit an Bord.
Zwei Wochen später wurde Tirpitz beim Kaiser vorstellig und ersuchte ihn, ein Fünf-Jahres-Programm in Sachen Luftschifffahrt zu beginnen. Der Kaiser stimmte zu und das Reichsmarineamt bestellte beim LZ Ende Januar das erste von zehn genehmigten Luftschiffen. Außerdem wollte Tirpitz in Nordholz einen Hauptstützpunkt für Luftschiffe errichten – mit vier drehbaren Doppelhallen und zwei feststehenden Hallen.
Ende Februar 1913 wurde beim Einbringen des L 1 in die Luftschiffhalle ein Propeller beschädigt. Sofort wurde ein neuer Propeller telegrafisch beim LZ bestellt. Nach einer längeren Wartezeit und dem Austausch des Propellers nahm Prinz Heinrich von Preußen an der Probefahrt teil, die zu seiner vollsten Zufriedenheit ausfiel.
L 1 wurde Ende April in Hamburg-Fuhlsbüttel stationiert. Neben den vielen Fahrten ab Hamburg erfolgte am 28. Mai die erste Fahrt nach Helgoland. Anfang Juni kehrte L 1 nach Johannisthal zurück, war aber ab Mitte August wieder in Hamburg-Fuhlsbüttel.
Obwohl es sich bei L 1 um ein Versuchsschiff handelte, entschied Tirpitz, dass der Zeppelin am jährlichen Herbstmanöver der Hochseeflotte teilnehmen solle. Die Gefechtsübungen sollten am 1. und 2. September stattfinden, aber Nebel und starker Wind verhinderten die Teilnahme von L 1. Aber am 8. September konnte L 1 erfolgreich an den Übungen teilnehmen.

Die letzte Fahrt
Einen Tag später, am Montag, den 9. September 1913 um 13 Uhr 25 startete L 1 mit 20 Besatzungsmitgliedern in Hamburg-Fuhlsbüttel zu seiner 68. Fahrt, um wiederum als Aufklärungsluftschiff am Marinemanöver teilzunehmen. Es herrschte ruhiges und sonniges Wetter. Kommandant des Zeppelins war Kapitänleutnant Günther Hanne. Mit an Bord waren auch der Kommandeur des Marine-Luftschiff-Departements, Korvettenkapitän Friedrich Metzing, Oberleutnant z. S. Peter Wendt, Stabsmaschinist Ernst Lehmann [nicht zu verwechseln mit Luftschiffkapitän Ernst A. Lehmann] sowie Oberleutnant S. Grimm, der als Beobachter vom Kommando der Linienschiffe abgestellt worden war, da L 1 mit diesen zusammenarbeiten sollte. Für Grimm war es die erste Fahrt in einem Luftschiff.
Die Fahrt führte entlang der Elbe über Blankenese, Glückstadt und der Elbmündung in Richtung Helgoland. L 1 erhielt dort gegen 15 Uhr die Meldung, dass im Laufe des Abends eine Schlechtwetterfront die Region erreiche.
Nachdem der Zeppelin über Helgoland gefahren war, gab Metzing wegen der Schlechtwetterwarnung seinen Operationsplan auf, weiter nach Nordnordwest zu fahren. Das Luftschiff erhielt den Befehl, sich in der Nähe der Torpedoboote der Flotte aufzuhalten.
Auf einmal fiel das Barometer, als L 1 etwa 16 Seemeilen ostsüdöstlich von Helgoland war und kündigte den nahenden Sturm an. Der Himmel verdunkelte sich. Heftige vertikale und horizontale Sturmböen in Orkanstärke traten plötzlich auf, begleitet von schweren, sintflutartigen Regengüssen. L 1 wurde in vertikaler Richtung um mehrere hundert Meter hin- und hergeworfen, wobei einige der Besatzungsmitglieder ins schäumende Meer fielen. Eine der Böen riss das Luftschiff bis auf 1.500 Meter Höhe hinauf, weit über seine Prallhöhe hinaus. Dann begann das Schiff zu sinken.
Hanne befahl „Außerste Kraft!“ auf alle Motoren, um das Schiff wieder unter seine Kontrolle zu bringen. Aber trotz dieser Maßnahme, Ruderlegens und Abwurf allen Ballasts stürzte L 1 mit der Spitze voraus auf das unruhige Meer. Durch den Aufprall brach das Gerippe des Luftschiffes in der Mitte durch. Douglas H. Robinson beschrieb das Inferno folgendermaßen:
„Lehmann hörte ein reißendes Krachen und das kreischende Geräusch zerbrechenden Metalls, als der Rumpf mittschiffs direkt über seinem Kopf in zwei Hälften zerbrach; der Bug brach hinter der vorderen Gondel los und ragte senkrecht ein paar hundert Meter in die Höhe.* Das Heck verschwand nahezu sofort. Der Rumpf des Schiffes krachte auf die offenen Gondeln, und die sich darin aufhaltenden Besatzungsmitglieder saßen in der Falle; von ihnen wurde keiner lebend geborgen. Nur die Mittschiffssektion mit der Kabine trieb noch, Lehmann, zwei Funker und ein weiterer Maschinist klammerten sich verzweifelt an das Wrack. Lehmann bemerkte, wie zwei Offiziere, die Leutnante Wendt und Grimm, die offenbar vom Laufgang herunterfielen, als das Schiff auseinanderbrach, hinter der Bugsektion im Wasser schwammen. Innerhalb von zehn Minuten war der Fischkutter ‚Orion‘, der den Absturz des Zeppelins beobachtet hatte, längsseits und fischte die beiden Schwimmer aus dem Wasser. Dann nahte das Linienschiff ‚Hannover‘ und setzte ein Boot aus, das die vier mittschiffs aufnahm. Weitere Überlebende wurden nicht gefunden und noch während das Wrack durchsucht wurde, versank das erste Marine-Luftschiff.“
(*Was die Höhe der senkrecht aus dem Wasser ragenden Bugspitze anbelangt, so hat der Übersetzer von Robinsons Text sich vertan und ‚feet‘ in Meter übersetzt. In Wirklichkeit ragte die Bugspitze etwa 30 Meter aus dem Wasser.)
Der tragische Absturz des L 1 beschäftigte die nationalen und internationalen Medien. Viele Staatsoberhäupter kondolierten nach dem Unglück. Kaiser Wilhelm II. ließ zu Ehren des Kapitänleutnants Günther Hanne ein Gedenkblatt veröffentlichen. Ein Blatt dieser Auflage hängt inzwischen im Aeronauticum in Nordholz. Die Fahrten und das Unglück des ersten Marineluftschiffs Deutschlands inspirierten zahlreiche Künstler, deren Illustrationen in Zeitschriften und auf Postkarten gedruckt wurden oder als einzelne Druckwerke erschienen.
Für die Verstorbenen des Unglücks von L 1 gab und gibt es noch heute viele Gedenkstätten, die bei Wikipedia akribisch aufgelistet sind.
Technische Daten
Länge: | 158 m |
Größter Durchmesser: | 14,86 m |
Gaszellen: | 18 |
Traggas-Volumen: | 22.465 m3 |
Motoren: | 3 Maybach |
PS pro Motor: | 165 |
PS-Gesamtleistung: | 495 |
Max. Geschwindigkeit: | 76,32 km/h |
Reichweite: | 2.700 km |
Gondeln/Propeller: | 2/4 |
Quellen:
Akten aus dem Archiv des Zeppelin Museums: LZA 04/0202 und LZA 04/0283
Alfred Colsman: Luftschiff voraus!, München 1983
Die Militärluftfahrt bis zum Beginn des Weltkrieges 1914, Langen bei Frankfurt 1965
Douglas H. Robinson: Deutsche Marine-Luftschiffe 1912-1918, 2005
Wikipedia