LZ 11 „Viktoria Luise

Der Zeppelin LZ 11 „Viktoria Luise“ war ein Verkehrsluftschiff der Deutschen Luftschiffahrts-Aktiengesellschaft (DELAG) und war benannt nach der preußischen Prinzessin Viktoria Luise. Das Schiff fuhr hauptsächlich innerhalb Deutschlands.

Der Bau des Luftschiffs war von der Heeresverwaltung subventioniert worden, damit es im Kriegsfall für militärische Zwecke zur Verfügung stehen konnte. Luftschiffführer der „Viktoria Luise“ bei der Erstfahrt am 19. Februar 1912 war Kapitän Blew.

Zwei Tage später erschien unter der Rubrik „Luftschiffahrt“ vermutlich im „Seeblatt“ folgender Artikel:

„Friedrichshafen, 21. Febr. Die fünfte Probefahrt der ‚Viktoria Luise‘ endigte um 11.45 Uhr mit einer glatten Landung. Das Luftschiff wird in der nächsten Woche noch eine Uebernahmefahrt zu leisten haben und dann in den Besitz der Deutschen Luftfahrt-Aktiengesellschaft übergehen, die einige Passagierfahrten vor der Ueberführung nach Frankfurt veranstalten wird. Heute sind mehrere Offiziere aus Berlin hier eingetroffen, um an den nächsten Fahrten teilzunehmen.“

LZ 11 „Viktoria Luise“ mit Haltemannschaft

Die „Viktoria Luise“ sollte zunächst in Frankfurt a. M. stationiert werden. Sie wurde in einem DELAG-Prospekt ausführlich beschrieben. Auch technische Details wurden genannt:

„Das Luftschiff ‚Viktoria Luise‘ ist nach Form, Konstruktion und maschineller Anlage im großen und ganzen ein Schwesterschiff der ‚Schwaben‘, die sich im Sommer und Herbst 1911 in fast 150 ohne jede Havarie verlaufenen Fahrten als ein so überaus glücklicher Typ bewährte.“

Es unterschied sich von der „Schwaben“ nur durch einige kleinere Verbesserungen, insbesondere am Steuerapparat, sowie durch den Einbau einer zweiten Abteilung von acht Meter Länge. Der Zeppelin hatte demnach eine Länge von 148 Meter und einen Durchmesser von 14 Meter und einen Rauminhalt von rund 19.000 Kubikmeter. Es wurde von 18 einzelnen Gaszellen getragen, die jeweils in einer Abteilung des Luftschiffkörpers zwischen je zwei Querringen des Aluminiumgerüstes eingebettet lagen. Diese Verteilung des Traggases auf 18 einzelne Zellen brachte laut DELAG-Prospekt

„eine außerordentliche Sicherheit für die Passagiere mit sich, insofern sich ein, zwei und selbst mehr Gasballons entleeren können, ohne daß das Luftschiff in Gefahr kommt.“

LZ 11 „Viktoria Luise“ steigt auf bei Lübeck

Das ganze Gerippe und die darin befindlichen Gaszellen waren mit einem imprägnierten Baumwollstoff umkleidet, um den Luftwiderstand zu vermindern und die Ballons vor starker Sonnenbestrahlung zu schützen.

Unterhalb des Tragkörpers hingen zwei Maschinengondeln und zwischen diesen war eine Passagierkabine angebracht. In der vorderen Gondel befanden sich ein Motor von 145 PS, die beiden Steuerräder sowie Ballast- und Ventilzüge, da das Luftschiff von der vorderen Gondel aus gelenkt wurde. In der hinteren Gondel befanden sich zwei Motoren zu je 145 PS. Der vordere Motor trieb ein Paar zweiflügelige Luftschrauben an, die 500 Umdrehungen in der Minute machten. Die hinteren Motoren bewegten je eine vierflügelige Luftschraube mit etwa 500 Umdrehungen in der Minute. Am hinteren Ende des Luftschiffes befanden sich in einem Rahmen die Seiten- und Höhensteuer.

Am hinteren Ende, so der DELAG-Prospekt,

„befinden sich ferner noch rechts und links je eine große wagerechte Flosse, die sogenannten Stabilisierungsflächen, welche den Zweck haben, einen ruhigen Flug des Luftschiffes zu erzielen.

Da, wie aus vorstehendem ersichtlich ist, alle Steuer- und maschinellen Organe des Luftschiffes zwei- oder mehrfach angeordnet sind, ist eine außerordentliche Betriebssicherheit vorhanden.“

Die „Viktoria Luise“ erreichte eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 61 Kilometern in der Stunde. Die Höchstgeschwindigkeit betrug beim Einsatz aller drei Motoren 72 Stundenkilometer. Die Reichweite betrug rund 800 bis 1.000 Kilometer. Hier war das Luftschiff davon abhängig, ob es Gegen- oder Rückenwind hatte.

Um mit dem Luftschiff fahren zu können, benötigte man acht oder neun Personen: einen Luftschiffführer, einen Fahringenieur, zwei Steuerleute und vier oder fünf Monteure für die Motoren. Der Schiffsführer, die Steuerleute und ein oder zwei Monteure befanden sich in der vorderen Gondel, alle übrigen Besatzungsmitglieder in der hinteren.

LZ 11 „Viktoria Luise“ Kabine mit Fahrgästen

Weiter heißt es im DELAG-Prospekt:

„Die zwischen den beiden Maschinengondeln unter der Mitte des Luftschiffes hängende Passagierkabine (entworfen und ausgeführt von den Vereinigten Hof-Möbelfabriken Brauer & Wirth, Stuttgart) bietet Raum für 20 Personen. Sie ist so in das Luftschiff eingebaut, daß Längsträger des Luftschiffes zugleich Träger der Kabine sind und im übrigen an zwölf Stahldrähten doppelt in ihrer Lage so gesichert, daß sie unverrückt dahängt, auch wenn aus irgendeinem unwahrscheinlichen Zufall ein Paar Streben sich verbiegen oder brechen sollten. Ein Nebenraum der Kabine ist für den Küchenbedarf mit Flaschenschrank und Anrichte versehen. Alle Metallteile des Kabinengerüstes sind mit Mahagoni innen verkleidet, ebenso wie die Füllungen und die Decke aus Mahagoni-Fournieren bestehen.

LZ 11 „Viktoria Luise“ Kabine mit Fahrgästen

Eine reiche Einlegearbeit in Perlmutter an den Deckenbalken und Säulen läßt die Kabine vollends als komfortablen und eleganten Raum erscheinen. Ein Toilettenraum mit fließendem Wasser etc. am hinteren Ende der Passagierkabine bietet besonders für größere Fahrten die wünschenswerte Bequemlichkeit. Der Fußboden, der in außerordentlich sicherer Weise mit fünffacher Holzlage verleimt wurde, ist mit einem Teppichbelag versehen. Große Klappfenster gestatten einen ungehinderten Ausblick nach allen Seiten. Die leichten Korbmöbel gewähren einen äußerst bequemen Sitz. Zum Schluß sei noch auf die große Annehmlichkeit hingewiesen, daß in der Kabine kalte Küche sowie Getränke zu haben sind.“

Menükarte des Restaurants an Bord der Viktoria Luise.
Speisekarte des Zeppelinluftschiffes „Viktoria Luise“ 1914.

„Glatt und zart“

Am 5. März 1912 absolvierte die „Viktoria Luise“ von Frankfurt a. M. aus ihre erste DELAG-Passagierfahrt über das Maingebiet, die ruhig und problemlos verlief. Wie in einer der Zeitungen stand, war die Landung „glatt und zart“. Luftschiffführer war Dr. Hugo Eckener.

In einer Anzeige der Hamburg-Amerika-Linie, bei der die Tickets für die Luftfahrten erhältlich waren, heißt es:

„Bei günstiger Witterung unternimmt die ‚Viktoria Luise‘ täglich etwa zweistündige Rundfahrten von über 100 Kilometer Ausdehnung in die herrliche Umgebung Frankfurts, die je nach Wind- und Wetterlage in den Rheingau, Taunus, Spessart, Odenwald, die Bergstraße entlangführen. (…) Preis: Mk. 200.- pro Person. Bei Anmeldung von geschlossenen Gesellschaften bedeutende Preisermäßigung. Bei einer Teilnehmerzahl von mindestens 15 Personen werden in der Vorsaison (bis 1. Mai) eventuell verkürzte Fahrten zum Preise von Mk. 100 pro Person unternommen.“

Überall, wo die „Viktoria Luise“ stationiert war, wurde in den örtlichen Zeitungen für Passagierfahrten geworben. Eine rund zweistündige Fahrt kostete 200 Mark. Längere Fernfahrten, die bei guter Witterung auch mal 12 Stunden dauern konnten, kosteten 400 Mark. Wer die „Viktoria Luise“ in der Halle besichtigen wollte, musste nur eine Mark bezahlen.

Auch gezielte Fahrten waren geplant. Aus einem Zeitungsartikel:

„Frankfurt, 9. März. Der schon lange erhoffte und erwartete Flug auf den Feldberg dürfte endlich morgen zustande kommen. Wie wir hören, soll zwischen 3 und 5 Uhr nachmittags gestartet werden. Die ‚Viktoria Luise‘ wird zwischen 1 und 3 Uhr aufsteigen, und man wird dann das prächtige Schauspiel von Lenkballon und Aeroplanen, die zu gleicher Zeit sich oben befinden, bewundern können. – Die Teilnehmer an der gestrigen ersten Frankfurter Rundfahrt des Zeppelin-Luftschiffes sandten einen telegraphischen Gruß an den Grafen Zeppelin nach Friedrichshafen und wünschten der ‚Viktoria Luise‘ für alle Dauer Glück und Wohlfahrt. Graf Zeppelin erwiderte alsbald die Depesche mit freundlichem Dank.“

Einmal inserierte die Hamburg-Amerika-Linie eine sogenannte Begegnungsfahrt, bei der sich die beiden Zeppeline „Schwaben“ und „Viktoria Luise“ in der Luft über Mannheim trafen. Preis: 200 Mark.

Es gab auch Beschwerden über die Luftschifffahrt. In einem Zeitungsartikel aus Frankfurt erschien am 30. März 1912 folgendes:

“Das Luftschiff ‚Viktoria Luise‘ wird Sonntag Nachmittag erst um 2 ½ Uhr aufsteigen, um zum Einzug des Prinzregenten von Bayern nach Aschaffenburg zu fahren. Eine geplante Vormittagsfahrt wird auch bei schönem Wetter deshalb unterbleiben, weil bei der ‚DELAG‘ Beschwerden über Störungen des Gottesdienstes an Sonntag-Vormittagen eingelaufen sind. Die ‚DELAG‘ will deshalb in Zukunft nach Möglichkeit davon absehen, während der Zeit der Hauptgottesdienste Ausfahrten zu unternehmen.“

Am 17. April 1912 unternahmen die beiden DELAG-Luftschiffe „Schwaben“ und „Viktoria Luise“ wissenschaftliche Fahrten zur Beobachtung der Sonnenfinsternis. Neben einigen Meteorologen waren auch Passagiere zum Preis von 300 Mark für diese Fahrten zugelassen.

LZ 11 „Victoria Luise“ mit Fahrgästen in der Kabine

Einen Tag später, am 18. April, hat der Frankfurter Verein für Luftschiffahrt die „Viktoria Luise“ gechartert, um seinen Mitglieder eine Fahrt zu mäßigen Preisen zu ermöglichen.

Fernfahrt nach Hamburg

In einem Tagesbericht vom 18. Juni 1912 wird von der Fernfahrt der „Viktoria Luise“ von Düsseldorf nach Hamburg erzählt:

Blick vom Luftschiff LZ 11 „Viktoria Luise“ auf Düsseldorf

„Das Zeppelin-Luftschiff ‚Victoria Luise‘ ist heute früh, wie wir auch durch Anschlag bekannt machten, zu seiner Fernfahrt von Düsseldorf nach Hamburg mit neun Passagieren aufgestiegen. Eine harte Probe des Wartens und manche Enttäuschung gingen der Abfahrt voraus. Vom Mittwoch voriger Woche wurde die Fernfahrt auf Freitag und dann immer wieder auf einen späteren Tag verschoben, bis dann schließlich heute morgen die bestimmte Nachricht einlief, daß das Luftschiff unter Führung Dr. Eckeners mit neun Passagieren die Fahrt von Düsseldorf nach Hamburg angetreten habe. Mit einem Schlage wurde das Interesse, das schon einzuschlummern drohte, wieder rege. Mehrere Stunden vergingen, bevor die erste Meldung über die Fahrt des Luftschiffes einlief. Diese kam aus Amsterdam und besagte, daß das Luftschiff dort um 7 ½ Uhr über die Stadt geflogen ist, dort in niedriger Höhe einige Schleifen ausgeführt hat und dann die Richtung nach Groningen eingeschlagen hat. Demnach hat das Luftschiff nicht die geplante Küstenfahrt an der Nordsee, bei den ostfriesischen Inseln vorbei, ausgeführt, sondern ist anscheinend direkt nach Amsterdam, über den Zuider-See nach Groningen und weiter nach Emden, Oldenburg und Bremen nach Hamburg geflogen.“

Die „Viktoria-Luise“ im Ersten Weltkrieg

Am 1. August 1914 im Rahmen der Mobilmachung des Ersten Weltkriegs wurde die „Viktoria Luise“ in Frankfurt a. M. vom Heer übernommen. Zuvor hatte LZ 11 bei 489 Passagierfahrten 54.312 Kilometer zurückgelegt und dabei 9.738 Personen (inkl. Besatzung) befördert.

1000. Fahrt des Zeppelinluftschiffes „Viktoria Luise“ am 05.07.1915

Da das Schiff aber veraltet und für Frontzwecke nicht mehr geeignet war, wurde LZ 11 an die Marine als Schulschiff übergeben und nach Leipzig überführt. Im Sommer 1915 wurde LZ 11 an das Heer zurückgegeben und in Liegnitz ebenfalls als Schulschiff verwendet. Am 8. Oktober 1915 ist der Zeppelin beim Einfahren in die Halle Liegnitz zerbrochen und wurde anschließend abgewrackt.

Insgesamt absolvierte LZ 11 mehr als 1.000 Fahrten. Die 1.000. Fahrt fand am 5. Juli 1915 von Leipzig aus statt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert