Am frühen Morgen des 10. Aprils 1931 durchquerte der Zeppelin einige Regenschauer. Danach fuhren die Reisenden vor allem über Wüste, Dünen, kleinere Oasen und Sand, soweit das Auge reichte. Anschließend veränderte sich die Landschaft. Dank des guten Rückenwindes kam das Luftschiff schnell voran. Teilweise fuhr es bis zu 140 Kilometer in der Stunde.
Carl Bruer war beeindruckt von der schnell unter ihm vorüberziehenden Landschaft und schrieb in sein Tagebuch:
„Ah, – die heiligen Wasser des Nils in Sicht – und schon sind wir da. Wir kreuzen den Nil, natürlich ist es nur der Hauptarm, aber der grosse Kanal mündet hier, und die Eisenbahn fährt auf einer Brücke über den Nil. Wir kommen nach Tanta. Hier alles schwarz von Menschen, die uns zujubeln. Eine fabelhafte Ausdehnung hat die Riesenebene und jedes Stückchen ist sauber bearbeitet. Viele Bewohner, insbesondere der kleineren Dörfer, rücken – genau wie in der Wüste – vor uns aus. Unglaublich wie die Menschen wohnen. Wir schauen von oben in die Räume, da die meisten Dorfhäuser ohne Dächer sind, teilweise liegt Stroh darauf. Sie sehen von oben meist verfallen aus, im Gegensatz zu den Städten, aber die Kirchen und Moscheen, auch im kleinsten Ort, sind sauber und gut gepflegt und erhalten. (…)
Grosse Aufregung. – Die Pyramiden sind in Sicht; gleichzeitig Kairo.“

In Kairo war eine Landung mit Passagierwechsel geplant, anschließend sollte das Luftschiff zu einer Palästina-Rundfahrt weiterreisen, um danach wieder in Kairo zu landen.
Am Freitag, 10. April 1931 erreichte der Zeppelin nach 33 Stunden Fahrt um 15 Uhr Ortszeit Kairo. Allerdings war LZ 127 dreizehn Stunden früher als geplant eingetroffen und die Haltemannschaft auf dem al-Mazah-Flugfeld in Heliopolis war noch nicht fertig mit ihren Vorbereitungen, so dass der Zeppelin noch weitere 13 Stunden in der Luft bleiben musste.
Der Zeppelin fuhr über den Palast des ägyptischen Königs, der nach Angaben der „New York Times“ vom Balkon aus mit seiner Gattin den Reisenden zuwinkte.

Die Chephren-Pyramide mit Schiffsschatten und Sphinx © Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH
Danach drehte der Zeppelin zwei Schleifen über den Pyramiden. Hugo Eckener:
„Wir segelten langsam in zwanzig Meter Höhe über die Spitze der Cheopspyramide hinweg und übersahen von hier erschüttert den ungeheuren Haufen von Steinquadern, den eine ameisenhaft wimmelnde Menge von Zehntausenden von fronenden Arbeitern in Jahrzehnten hatte auftürmen müssen, den Kopf schüttelnd über den grotesken Glauben, der soviel Arbeitsaufwand erzwang, um die Mumie eines göttergleichen Pharaos trockenzuhalten.“
Die Fahrgäste waren wesentlich beeindruckter als Eckener von den jahrtausendealten Bauwerken, die von der Abendsonne spektakulär beleuchtet wurden. Der Zeppelin überquerte auch die Sphinx, die die Passagiere mit ihrem rätselhaften Lächeln bezauberte.

Danach fuhr der Zeppelin entlang des Nils in südlicher Richtung über die in die Wüste gebetteten Dörfer, Palmen oder einzelne Hütten nach Assuan. Dabei lieferte sich das Luftschiff eine Wettfahrt mit dem unter ihnen dahinfahrenden Luxuszug und zur Zufriedenheit der Passagiere gewann der Zeppelin das „Rennen“.
Alles war gut erkennbar, da das Luftschiff in geringer Höhe fuhr. Die untergehende Sonne tauchte die Wüste in ein goldenes Licht, dann wurde es schnell dunkel.
Die laue Nacht verbrachte der Zeppelin über der Provinz al-Minyd. Die Stimmung muss sehr geheimnisvoll gewesen sein, was eine Luftpostkarte zweier Fahrgäste verdeutlicht:
„Wir folgen dem Lauf des Nils aufwärts – auch nachts ist die Fahrt märchenhaft schön!“
Diese Postkarte gelangte übrigens Jahrzehnte später ins Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH.

Am Samstagmorgen kam das Luftschiff in Kairo an. Noch während es sich näherte, sahen die Passagiere, dass Menschenmassen und Fahrzeuge aller Art dem Flugplatz zuströmten, um die Landung nicht zu verpassen. Ganz Kairo schien unterwegs zu sein.
Endlich durfte der Zeppelin landen. Doch kaum hatte er den Boden berührt, brach sich die Begeisterung Bahn, die Menschen überrannten die Absperrungen und gelangten auf den Landeplatz.
Die Soldaten der Haltemannschaft waren vollkommen überfordert. Carl Bruer erinnert sich, wie das Problem gelöst wurde:
„Glücklicherweise lag hier der Wasserschlauch für den Zeppelin, der Wasser genommen hatte. Dieser wurde von vielen Mannschaften genommen und der Strahl gegen die Menge gerichtet und er wirkte. Es wurde wirklich alles fortgespritzt!“
Zum Glück gab es keine Verletzten.
Eckener, einige von der Besatzung und ein Teil der Passagiere aus Friedrichshafen verließen das Schiff, um den Tag in Kairo zu verbringen und die Pyramiden vom Boden aus zu besichtigen. Für Eckener war dies ein ganz besonderer Aufenthalt, denn er hatte mit seiner Frau viele Jahre zuvor die Flitterwochen in Ägypten verbracht.

Palästina-Rundfahrt
Für die Rundfahrt über Palästina kamen 32 überwiegend ägyptische Passagiere an Bord. In Jerusalem erwarteten mehrere tausend Schaulustige trotz Regens die Überfahrt des „Graf Zeppelin“. Gegen 11 Uhr erreichte das Luftschiff Jerusalem, stellte für einige Zeit die Motoren ab und verneigte sich. Dann fuhr es wieder zurück nach Ägypten, wo es gegen 17 Uhr das Flugfeld von Heliopolis erreichte. Dort empfingen wiederum mehrere zehntausend Menschen den Zeppelin. Aber die Anzahl der britischen Soldaten war verdoppelt worden und alles verlief ohne Probleme.

Die Rückfahrt
Unter der Leitung von Hugo Eckener brach LZ 127 „Graf Zeppelin“ am frühen Abend in Kairo zu seiner Rückfahrt auf.
Diese wurde anfangs durch ungünstige Windverhältnisse und Regen behindert. Eckener verzichtete daher auf seinen Plan, nach Athen zu fahren. Stattdessen wählte er – wie bei der ersten Orientfahrt – die Route durch das Adriatische Meer, über die Dinarischen Alpen und Wien. Die Fahrgäste freuten sich, dass eine andere Strecke als bei der Hinfahrt genommen wurde. Carl Bruer:
„12.4.31: Am anderen Morgen 4 Uhr, wie ich aufstehe, befinden wir uns über dem Mittelmeer (…). Wir kommen nach Griechenland. (…) Wir sehen den Peloponnes mit seinen Schneegipfeln, die teilweise in den Wolken liegen; von der Sonne beschienen, die Insel Zante und fahren weiter über die Kephalonia und, man höre, zu unserer Freude, an Ithaka, dem Land des Odysseus vorbei, über Leukas nach Korfu. Rechts sehen wir in den Golf von Patras, der vor dem Golf von Korinth liegt. Ithaka war für uns ein herrlicher Anblick.“
Weiter ging es über das Mittelmeer und zahlreiche andere griechische Inseln nach Albanien und Montenegro. Carl Bruer:
„Bei Spalato, das schon auf jugoslavischem Gebiet liegt, steigen wir von 300 auf 1600 Meter, nachdem wir vorher eine Höhenpeilung durch Echolot vorgenommen haben. Diese erfolgt durch verschiedene Schüsse nach unten, um durch Messung des Echos die Höheninstrumente zu kontrollieren. Als bei Beginn unserer Fahrt zum ersten Male geschossen wurde, glaubten wir, ein Ballon sei geplatzt oder wir würden beschossen. Der Hochflug ist erforderlich, da der Karst überwunden werden muss, der Höhenzüge bis 2.000 Meter aufweist. Durch unseren Hochflug verschwinden alle niedrigen Berge unter uns, alle Inseln im Meer erscheinen wie Oelflecken, und doch ist es ein schönes Bild.“
Dann führte der Weg über die Alpen und Wien zurück an den Bodensee. Nach 96 Stunden und 15 Minuten landete der Zeppelin wieder in Friedrichshafen am Montag, den 13. April 1931. Die zweite und letzte Orientfahrt war zu Ende.
Quellen:
Carl Bruer: Mit dem Luftschiff „Graf Zeppelin“ nach Kairo vom 9. bis 13. April 1931, Reisetagebuch
Hugo Eckener: Im Zeppelin über Länder und Meere, morisel Verlag, München 2012
Özgür Ögütcü: Die Orientfahrten des Luftschiffes „Graf Zeppelin“, Wiss. Masterarbeit
Barbara Waibel: Zu Gast im Zeppelin, Reisen und Speisen im Luftschiff „Graf Zeppelin“, Kunstverlag Weingarten 1998