Georg Hacker erzählt weiter:
„Gleich nach der Landung kamen Graf Zeppelin und der deutsche Kronprinz an die Gondel heran und begrüßten uns freudig. Das Schiff wurde verankert.
(…)
7 Uhr 34 am 29. Ging es bei dichtem Morgennebel weiter nach Berlin. Bei herrlichstem Wetter zeigte sich uns 10 Uhr 20 Potsdam. Eindrucksvoll standen die drei üppigen Grazien auf der Kuppel des Neuen Palais. Bis ins kleinste waren die Gartenanlagen von Sanssouci zu erkennen. Ueber dem großen Wald drehten wir steuerbord ab und standen 12 Uhr 30 in 310 Meter Höhe über der Südseite des Tempelhofer Feldes. Hunderttausende schauten von unten zu uns herauf. Wie Blumen erschienen die rosigen Gesichter zwischen den hellfarbigen Kleidern und Sonnenschirmen der Damen, den bunten Uniformen und glitzernden Helmen der Soldaten. Tausende von Vögeln schienen zu schwirren, wenn die Taschentücher geschwenkt wurden.
Wir fuhren in südnördlicher Richtung über die Mitte des Feldes, paradierten vor dem deutlich erkennbaren Standort des Kaisers. Wenn ich mich über den Gondelrand beugte, drang zu mir herauf ein gewaltiges Tosen, eine Jubelouvertüre aus hunderttausend Kehlen, in die sich die Klänge von Militärkapellen und das Läuten der Kirchenglocken mischte.
Wie stolz und froh war unser Graf! Nun wendeten wir nach Westen, um der Stadt selbst unsern Besuch abzustatten, den Millionen den Zeppelin zu zeigen, die nicht auf dem Tempelhofer Feld waren. Vom Belle-Alliance-Platz aus begangen wir die vereinbarte einstündige Schleifenfahrt.“
Besuch beim Kaiser
Unterdessen war der Kaiser mit Familie und Gefolge vom Tempelhofer Feld zum Tegeler Schießplatz gefahren, wo das Luftschiff gegen 14 Uhr landete. Anwesend waren auch die hohe Generalität sowie die Spitzen der städtischen Behörden.

Der Kaiser empfing den Grafen sehr herzlich und hielt eine Rede:
„Hochverehrter Herr Graf! Per aspera ad astra! So hat Berlin Ihnen zugerufen, als auch Sie vor Jahresfrist das alte Erfinderschicksal ereilte, durch die Hand der Elemente noch einmal Ihr ganzes Werk in Frage gestellt zu sehen. Mit einer beispiellosen Einmütigkeit, die uns Deutsche Gott sei Dank, wieder einmal fühlen ließ, dass wir ein Volk sind, hat Deutschland Ihnen damals beigestanden, und wir Berliner sind dabei wahrlich nicht die letzten gewesen.“

Hier spielte Bürgermeister Reicke auf die Echterdinger Volksspende des Vorjahres an, die bis zum heutigen Tag immer noch als die größte Volksspende Deutschlands gilt.
Der Bürgermeister lobte noch einige Minuten lang die Heldentaten des Grafen, anschließend sprach der Kaiser sieben bedeutende Worte: „Seine Exzellenz Graf Zeppelin hurra, hurra, hurra!“ Das Volk brach in Jubelstürme aus. Danach nahm der Kaiser den Grafen und einige seiner Gefolgsleute als seine Gäste mit ins Schloss. Alfred Colsman, der Geschäftsführer der Luftschiffbau Zeppelin GmbH, der in Bitterfeld ebenfalls zugestiegen war, erinnert sich an den Besuch beim Kaiser:
„Wir fuhren, wie wir gekommen waren, sofort zum Frühstück ins kaiserliche Schloß. Dürr, der am Antrieb gearbeitet hatte, sah im ölbefleckten Anzug wie ein Schlosser aus, der eben die Werkstatt verläßt; auch ich hatte schwarze Hände. Damals wurden die Fahrtteilnehmer auch in der Führergondel vom Motorenruß geschwärzt. Als wir nach der Fahrt durch das jubelnde Berlin im Schloß angelangt uns zu reinigen wünschten, wurde uns gesagt, daß dazu im Schloß keine Gelegenheit sei; ein Diener, an den ich mich verzweifelt wandte, führte Dürr und mich freundlichst treppauf, treppab, zu seiner Koje, wo wir uns in einem dreibeinigen blechernen Lavoir waschen konnten.
Ich habe diese kleine Begebenheit oft erzählt, wenn für den Bau von Siedlungen in heutiger Zeit, in der wir uns das nicht mehr leisten können, immer noch übertriebene Einrichtungen für Wasch- und Badezwecke verlangt werden.
Dürr erschien mit mir noch eben rechtzeitig, sauber gewaschen zur kaiserlichen Galatafel, an der etwa 30 Personen teilnahmen, darunter an Damen die Kaiserin, Prinzessin Viktoria Luise und Fräulein von Gersdorf. Graf Zeppelin, sein Neffe Graf Ferdinand Zeppelin jr., Dürr und ich waren die mit dem Luftschiff angekommenen Gäste, auch Geheimrat Hergesell war geladen.
Als während der lebhaften Tischunterhaltung Sr. Majestät gemeldet wurde, daß Zeppelin sich auf dem Balkon zeigen müsse, weil die Berliner nicht mehr zu halten seien, meinte der Kaiser fast ärgerlich: ‚Sie sollen den armen Mann doch erst mal essen lassen.‘
Nach Aufhebung der Tafel trat der Kaiser mit Zeppelin auf den Balkon, zu dem unendlicher Jubel heraufbrauste. Ich unterhielt mich am Fenster eines Nebensaales mit Fräulein von Gersdorf, deren Vetter General von Gersdorf mit meinem Schwiegervater Carl Berg befreundet, Feldflaschen und Kochgeschirre aus Aluminium in der deutschen Armee eingeführt hatte.
Nach einiger Zeit wurde ich mit Dürr auf den Balkon befohlen. Auf die begeisterte Menge zeigend, meinte der Kaiser: ‚Was werden die für einen Durst bekommen von all dem Hurra schreien!‘ Ich antwortete: ‚Jawohl, Majestät, gestern in Bitterfeld haben sie auch geschrien, aber da gab’s nichts mehr zu trinken!‘ Se. Majestät hatte lebhaftes Interesse für meinen Bericht über die Vorgänge in Bitterfeld. Bald wurde zum Aufbruch gedrängt, die Stunde der kaiserlichen Abfahrt war gekommen.
Ich begab mich ermüdet ins Hotel, um nach den Ereignissen des Tages und dem ausgezeichneten ‚Steinberger Kabinett‘ des kaiserlichen Kellers einen tiefen Schlaf zu tun. Dürr fuhr zum Luftschiff nach Tegel, um noch abends die Rückfahrt anzutreten.“
Georg Hacker schrieb über die ebenfalls sehr turbulente Rückreise:
„Auf der nächtlichen Rückfahrt blieb uns das Luftschraubenpech treu. 4 Uhr 55 des Morgens am 30. August sauste die vordere steuerbordsche Luftschraube mit Gestänge in die Tiefe.
Ein abgerissener Schraubenflügel flog durch den Schiffskörper und durchschlug die hinter der vorderen Gondel liegende Zelle 6, die sich sofort entleerte. Dürr warf sofort den verfügbaren Ballast ab, etwa 800 Kilo, während ich, das Eisenbahngleis überquerend, eine günstige Stelle zum Landen aussuchte. Wir gingen westlich Bülzig auf ebenem Heideland nieder.“
Reparaturstopp bei Bülzig
„Erste Hilfe erhielten wir von drei jungen, achtzehnjährigen Mädchen, die nur mit Unterrock und Nachtjacke bekleidet aufgeregt durch die Dämmerung herbeieilten und die ich sogleich zum Festhalten des Luftschiffes anstellte. Sie hielten treu und brav aus.
Mit Kettenanker und Erdbohrer hielten wir uns fest.
Jetzt nach der Vorstellung bei Seiner Majestät, hatten wir Zeit. Wir wechselten den Stahlbandantrieb der vorderen Gondel durch den altbewährten Wellenantrieb aus, den Ingenieur Losch mit einigen Manzeller Mechanikern schleunigst herbeischaffte. Z II aus der Kölner Luftschiffhalle schickte zum Ersatz eine neue Luftschraube.
Das schien alles so leicht, wie ich es erzähle, aber was für eine verantwortungsvolle Arbeit war es, auf freiem Felde ohne sichere Halle diese Notarbeiten zu vollbringen! Solange das Wetter gut war, ging’s an, aber nachmittags zogen zwei Gewitter herauf. Wir waren beschäftigt, die geflickte Zelle einzulagern. Ich saß auf halber Schiffshöhe auf einem Längsträger und holte eine Bucht der Zelle heran, da rief uns Dürr zu, wir möchten sofort herauskommen, er fürchte, wir würden bei dem Gewitter zu Schaden kommen. Aber es sprang nur Wind um, das Luftschiff drehte sich um 90 Grad, und die Gewitter zogen vorbei.
Für die Nacht war es eine freudige Ueberraschung, daß von Berlin ein Scheinwerferzug herankam. Es war der erste, den es überhaupt gab, und er wurde von Oberleutnant Paraquin geführt, einem prächtigen, hilfreichen Menschen. Natürlich kamen von allen Seiten die Zuschauer herbeigeströmt.
Am nächsten Vormittag wurde die Zelle 6 gefüllt, die Außenhülle zugenäht. Es war höchste Zeit, denn ein fürchterlicher Sturm von 80 Kilometer Geschwindigkeit setzte ein; kaum konnten die Soldaten, die uns zur Hilfe gesandt waren, das Schiff sichern.
Alle gewährten uns Hilfe in diesen Tagen, die Gutsbesitzer der Umgebung, die einfachen Menschen; des sei mit Dank gedacht.
Endlich konnten wir zur Rückfahrt schreiten. Am 1. September um 10 Uhr 57 abends stieg Z III unter Hurrarufen und Winken der Soldaten und Zuschauer auf. Es war eine so kalte Fahrt, daß ich mir zum Schutze zwei der fast einen halben Quadratmeter großen, auf Leinwand gezogenen Luftkarten als Schürze umband, da ich meinen Mantel zu Hause gelassen hatte.
Was für ein Unterschied gegen die Luftschiffe von heute, wo alles windgesichert ist!
Am nächsten Abend um 9 Uhr 55 lag Z III geborgen in der Heimathalle von Manzell.
Das war die große Kaiserfahrt mit so viel Bruch! Sie löste eine außerordentliche Bewunderung aus im deutschen Volk, aber nur wir Männer von Manzell wußten, was noch alles an Werkarbeit zu tun war!“

QUELLEN:
Alfred Colsman: Luftschiff voraus! Arbeit und Erleben am Werke Zeppelins, Stuttgart/Berlin 1933
Georg Hacker: Die Männer von Manzell, Frankfurt a. M. 1936