Dix, Hoepffner, Zeppeline – die Ära Lutz Tittel

Otto Dix, Marta Hoepffner, Friedrichshafens Zeppelin- und Industriegeschichte: Die Ära Lutz Tittel prägt bis heute die Sammlung des Zeppelin Museums – ein Nachruf auf den ersten hauptamtlichen Direktor.

Lutz Tittel und die Kunstabteilung

Als erster hauptamtlicher Direktor des Museums gab Lutz Tittel der Kunstsammlung im damaligen Bodensee-Museum entscheidende Impulse. Sowohl bei Ankäufen als auch bei der Themenwahl der Sonderausstellungen setzte er einen Schwerpunkt auf die klassische Moderne. Insbesondere die Künstler der Höri, die in den 1930er und 1940er Jahren auf dieser Halbinsel im Bodensee lebten und sich dort in die „Innere Emigration“ zurückgezogen hatten, standen im Mittelpunkt. Dazu zählt Max Ackermann, von dem vorher keine Werke in der Sammlung waren, aber in den 1980er Jahren in großer Zahl angekauft wurden. 1987 präsentierte Lutz Tittel diese Gemälde und Grafiken dann in einer großen Sonderausstellung.

Ein weiterer Künstler, der nach 1933 an den Bodensee kam, war Otto Dix. Auch im Hinblick auf Tittels persönliche Interessen war er der ideale Künstler, vereinigte er doch in seiner Person das Kunstzentrum Dresden mit der Bodenseeregion. Lutz Tittel war aus der DDR in die Bundesrepublik geflohen, verfügte jedoch über ein gutes Netzwerk, durch das er auch in der DDR Ankäufe tätigte.

Mit der Präsentation des Grafikzyklus „Der Krieg“ anlässlich dessen Dauerleihgabe durch das Land Baden-Württemberg an das Museum 1985 und der großen Retrospektive zu dessen 100. Geburtstag 1991 wurden Otto Dix zwei bedeutende Sonderausstellungen in der Ära Tittel gewidmet. Im Zuge dieser Ausstellungen ist eine umfangreiche Publikation erschienen.

Darüber hinaus wurden auch viele Ausstellungen mit Werken zeitgenössischer Künstler realisiert. 1986 zeigte das Bodensee-Museum eine große Werkschau von Marta Hoepffner, der eine intensive Zusammenarbeit zwischen Museumsdirektor und Fotokünstlerin vorangegangen war. Viele der Arbeiten Hoepffners, die im Zuge dieses Projekts von Lutz Tittel angekauft wurden, sind momentan in der Ausstellung „Wege in die Abstraktion“ im Zeppelin Museum zu sehen.

Das Foto zeigt Lutz Tittel Mitte der 80er Jahre in Marta Hoepffners Privatwohnung neben ihrem Selbstbildnis von 1935 (heute in der Sammlung des Zeppelin Museums)
Lutz Tittel Mitte der 80er Jahre in Marta Hoepffners Privatwohnung neben ihrem Selbstbildnis von 1935 (heute in der Sammlung des Zeppelin Museums)

Lutz Tittel und die Zeppelinabteilung des Bodensee-Museums

Am 8. März 1982 wurde der Freundeskreis zur Förderung des Zeppelin Museums e.V. gegründet, dessen Ziel es war, ein neues und größeres Zeppelin Museum zu bauen. 1982 übernahm auch der Kunsthistoriker Dr. Lutz Tittel als erster hauptamtlicher Direktor die Leitung des Bodensee-Museums im Rathaus, in dem seit 1960 neben der Kunst- auch eine Zeppelinabteilung untergebracht war.

Lutz Tittel begann nicht nur Kunst, sondern auch Technik planmäßiger und gezielter zu sammeln, als es bis dahin der Fall war, und erweiterte das Spektrum der Zeppelinsammlung auf andere Luftschiffsysteme und die Industriegeschichte Friedrichshafens.

Sofort nach dem Beginn seiner Tätigkeit in Friedrichshafen begann Tittel mit der Arbeit an der ersten und längst überfälligen konzeptionellen und gestalterischen Überarbeitung der Zeppelin-Abteilung seit 1960, die 1984 eröffnet wurde.

1983 nahm Lutz Tittel das 75jährige Jubiläum der legendären 24-Stundenfahrt des LZ 4 zum Anlass, die „Schriften zur Geschichte der Zeppelin-Luftschifffahrt“ aus der Taufe zu heben, die in der Regel als kompakte Begleitpublikationen zu Wechselausstellungen erschienen. Auf den ersten Band, „Die Fahrten des LZ 4“, folgte die von dem damaligen Freundeskreismitglied und späteren Vorsitzenden des Vereins Manfred Bauer verfasse Schrift „Luftschiffhallen in Friedrichshafen“. Weitere Publikationen waren „Graf Zeppelin, Leben und Werk“, „Zeppelinsammlung Heinz Urban“ (1986) oder „LZ 129 Hindenburg“ (1987). Bei der Bearbeitung dieser Themen suchte Tittel auch immer die enge fachliche Zusammenarbeit mit dem Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH.

1984 zeigte das Bodensee-Museum anlässlich des 100. Geburtstags von Claude Dornier eine große von Lutz Tittel erarbeitete Ausstellung, die die Geschichte des Flugzeugbaus bei Dornier von den Anfängen bis in die 1960er Jahre nachzeichnete.

Lutz Tittel hat nicht nur für die Kunst, sondern auch für die museale Aufarbeitung und Präsentation der Technikgeschichte in Friedrichhafen viel geleistet und mit seinem offenen Blick für die vielen Potenziale des Themas Zeppelin das Bodensee-Museum, das seit 1991 Zeppelin Museum hieß, in jeder Hinsicht weiterentwickelt. 1988 überstieg die Anzahl der Besucherinnen und Besucher pro Jahr erstmals die Grenze von 100.000, für das damalige Haus eine sehr beachtliche Leistung, vor allem auch vor dem Hintergrund der damaligen minimalen personellen Ausstattung des Museums.

 

Biographische Angaben, Artikel von Volker Westphal, SZ vom 25.05.2020

Geboren am 21. November 1943 im damaligen Ostpreußen.
Nach der Flucht aus der DDR 1965 Studium der Kunstgeschichte in Marburg und Heidelberg.
Seit 1982 Leiter des Bodensee-Museums, das er zum 31. Dezember 1991 verließ, um das „Kunstforum Ostdeutsche Galerie“ in Regensburg als Direktor zu übernehmen.
Lutz Tittel verstarb am 12. Mai 2020.

Eine Antwort auf „Dix, Hoepffner, Zeppeline – die Ära Lutz Tittel“

  1. Vielen Dank für diese Würdigung. Dr. Titel war ein großer Gewinn für die Kulturlandschaft im noch muffigen Friedrichshafen der 1980er Jahre, auch wenn in diesen Jahren das noch nicht alle Amts- und Würdenträger erkannt haben.

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