LZ 127 Weltfahrt – Teil 8: Zeppeliner im Japanfieber

Am nächsten Tag war die gesamte Besatzung des LZ 127 zum Mittagessen in das Offizierskasino eingeladen worden. Neben zahlreichen japanischen Offizieren nahm daran auch ein japanischer Admiral teil. ‚Albert Sammt erinnert sich:

„Mir gegenüber saß Dr. Eckener und neben ihm der Admiral. Neben den japanischen Eßstäbchen hatte man uns auch europäisches Besteck, also Messer, Löffel, Gabel, vorgelegt. Wir versuchten natürlich mit den Stäbchen zu essen, was mehr oder weniger gelang. (…)

Da die Japaner (…) ihre Stäbchen benützen, werden Speisen wie Fleisch und Gemüse in kleine Streifen geschnitten serviert. Ich dachte mir: ‚Aha, daher kommt wohl das Gerücht, daß die Japaner Regenwürmer essen!‘ – so sah das nämlich wirklich aus.

Der Admiral hat natürlich seine Stäbchen wunderbar gehandhabt, er hat selbst die glitschigsten Nudeln zwanzig bis dreißig Zentimeter aus dem Teller gehoben und dann in den Mund gesaugt. Das funktionierte hervorragend, hat aber geschmatzt und geschlürft. Auf einmal sagte Dr. Eckener zu mir über den Tisch herüber: ‚Nicht wahr, Herr Sammt, der hat eine gute Schlotze!‘ Alles lachte; der japanische Offizier – er verstand deutsch – lachte auch mit. Nur der Admiral schaute auf: ‚Was ist jetzt los?‘ Er konnte nicht verstehen, warum wir lachten. Der Offizier neben mir fragte: ‚Herr Sammt, darf ich ihm das erklären?‘ Ich sagte: ‚Freilich; das ist doch lustig!‘ Darauf erzählte er das dem Admiral – und der wälzte sich schier vor Lachen darüber, daß er eine gute Schlotze hatte.“

Speisekarte von der Weltfahrt mit LZ 127 über dem Fujiama
Speisekarte von der Weltfahrt mit LZ 127 über dem Fujiama © Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH

Dagegen war die Journalistin Drummond-Hay sicherlich in keiner guten Stimmung. Ihr schwarzes Kätzchen, das sie auf die Weltfahrt mitgenommen hatte, war nach der Fahrtstrecke von Friedrichshafen nach Tokio in Kasumigaura erschlagen neben der Luftschiffhalle aufgefunden worden. Die genauen Umstände des Todes konnten nie geklärt werden. Der Journalist Heinz von Eschwege-Lichberg und Kapitän Lehmann sind die Einzigen, die den mysteriösen Todesfall in ihren Aufzeichnungen kurz erwähnen.

Lady Hay trauert um ihr Kätzchen
Lady Hay trauert um ihr Kätzchen © Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH

Heinz von Eschwege-Lichberg, der für die „Woche“ schrieb, war nach der Landung in Kasumgaura auf dem Weg vom Luftschiff zum Begrüßungszelt in einem Loch hängengeblieben, stürzte und verstauchte sich den Fuß. Zusätzlich zu seinem entzündeten Backenzahn, der ihn seit Friedrichshafen quälte, hatte er nun Schmerzen von Kopf bis Fuß… Außerdem litt er unter den hohen Temperaturen:

„Langsam begann das Wasser an uns herunterzulaufen, denn es ist kein Spaß, so plötzlich in die japanische Augusthitze hineinzugeraten. Mein Fußgelenk schwoll langsam aber sicher zu einer beträchtlichen Ausdehnung an, und mein irrsinniger Zahn meldete sich mit der ihm eigenen Heftigkeit: ich hatte in der Aufregung vergessen, meine Tabletten zu nehmen. Endlich wurden wir in Autos verladen und zu der Bahnstation gebracht, wo unser Extrazug auf uns wartete.“

Von Eschwege stand mit den anderen Passagieren des LZ 127 am Bahnhof, die Autos waren bereits weg, aber der Extrazug nicht da. Sie wussten nicht, was sie tun sollten, standen schwitzend in der Bahnhofshalle und kamen sich ziemlich verloren vor. Von Eschwege:

„Da hat uns ein weiß gekleideter Herr von der Hamburg-Amerika-Linie aus Yokohama große Dienste geleistet. Im Nu hatte er alles organisiert und in Ordnung gebracht, Billets genommen, Gepäckträger ergriffen, Perckhammer, der nach Nahrung schrie, etwas zu essen besorgt und uns durch die Sperre in einen gerade einlaufenden Zug nach Tokio bugsiert.

Da sitzen wir nun, haben im Fahren unsere Landungsberichte geschrieben, auf allen Bänken schlafen Japaner, es ist alles fremdartig und aufregend – ich möchte mich am liebsten einmal ins Bein kneifen, ob ich wache oder träume.“

Und damit war er nicht allein: Auch Max Geisenheyner und Hans von Schiller wollten sich kneifen, um Realität und Traum unterscheiden zu können.

Fahrgäste der Weltfahrt im Sonderzug nach Tokio
Fahrgäste der Weltfahrt im Sonderzug nach Tokio © Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH

Von Eschwege erzählt weiter:

„Vom Bahnhof aus fuhren Kauder und ich zunächst durch die nächtliche Stadt zum Haupttelegraphenamt und gaben unsere Berichte nach Berlin.“

Die Zeppelinpassagiere waren im Hotel „Imperial“ untergebracht, einem riesigen und unübersichtlichen Gebäudekomplex. Dort mussten sie ziemlich aufgefallen sein, wie von Eschwege berichtet:

„Als wir dann in der Halle ankamen, haben wir sicher ausgesehen wie die Strandräuber: zerknautscht, zerflossen vor Hitze – mit einem Wort: dreckig. Die Halle war reizend geschmückt mit Fahnen und Lampions, aber ich hatte den Eindruck, als ob uns einige hochvornehme Europäer in weißen Abendanzügen ob unserer momentanen Schäbigkeit leicht amüsiert betrachteten.“

Die Passagiere hatte sich in ihren Hotelzimmern frisch gemacht. Von Eschwege freute sich über den kühlenden Luftzug des elektrischen Ventilators und wollte eigentlich nach einem schnellen Abendessen nur noch ins Bett fallen,

„aber das war mit Freund Perckhammer nicht zu machen: er setzte mich in ein Auto und fuhr mich stundenlang durch das nächtliche Tokio. Ich werde diese Fahrt nie bereuen.“

Am ersten Tag ihres Tokio-Aufenthalts, dem 20. August, besuchten Geisenheyner und Kauder einen Marmorpalast und gingen dann einkaufen in ein riesiges japanisches Warenhaus. Sie waren total fasziniert und kauften viele fremdartige Dinge ein und witzelten, dass Eckener sich sicher sehr freuen würde, wenn sie mit zusätzlichem Gewicht wieder in den Zeppelin einstiegen…

Fahrgäste der Weltfahrt beim Bummel über einen japanischen Straßenmarkt
Fahrgäste der Weltfahrt beim Bummel über einen japanischen Straßenmarkt © Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH

Am Nachmittag waren sie zu einem Empfang in den Volkspark eingeladen, der direkt gegenüber von ihrem Hotel „Imperial“ lag. Kauder und Geisenheyner waren als Erste da.

Geisenheyner:

„Man schmückt uns mit großen, roten Papierrosen, man grüßt, man lacht und geleitet uns zu einem Rondell, auf dem sonst die Musikkapelle spielen mag. Kaum haben wir diesen ‚Tempel‘ betreten, als uns ein Begeisterungsschrei ohnegleichen entgegenschallt. Vor uns in breiter Front, fünfzig Reihen tief, stehen die Japaner so dicht und so eng, daß von der ersten Reihe abgesehen, bis in den tiefsten Hintergrund nur Köpfe zu sehen sind. Ueber jedem Kopf wird eine kleine schwarzrotgoldene Flagge geschwenkt. Kauder erklärt, er möchte am liebsten unter einen Stuhl kriechen. Ich sage ihm, daß ich von der anderen Seite folgen würde. Aber es geht nicht. Wir müssen unsere Hüte schwenken – und müssen uns setzen. Allmählich kommen die anderen, kommt die Besatzung, kommt Eckener. Eine Stunde hindurch wird geredet, wird Musik gemacht, gefilmt, photographiert, gefeiert.“

Von Eschwege skizziert, wie turbulent es in seinem Hotelzimmer zuging:

„Alle zehn Minuten kam entweder ein Telegramm oder eine Einladung zu einer Festlichkeit oder ein Besuch. (…) Die Einladungskarten sind japanisch gedruckt. Ich habe keine Ahnung, wer mich zu was einlädt. Es sind bis jetzt zehn. Und morgen abend wollen wir schon wieder starten. Das wird zwei vergnügte Tage geben. Aber wie ich es mit meinem Bein schaffen soll, weiß ich nicht.“

Heinz von Eschweges Fußgelenk war auf die doppelte Stärke angeschwollen und violett verfärbt. Aber er lässt sich nicht unterkriegen und feiert kräftig mit:

FESTE FEIERN…

Die Weltreisenden befanden sich quasi in einem Feiermarathon, den Eckener kurz zusammenfasst:

„Es gab eine ganze Reihe von freundlichen Veranstaltungen: die (…) Massenveranstaltung vor den kaiserlichen Gärten, einen Empfang durch den Premierminister und einen solchen durch den Bürgermeister von Tokio, eine Einladung vom kaiserlichen Aeroklub, einen Five o’clock tea in den kaiserlichen Gärten, und besonders ein großes Bankett, an dem alle Minister teilnahmen.“

Eckener, der seine erste Rede nach der Ankunft in Kasumigaura mit Floskeln eröffnet hatte und nicht besonders stolz darauf war, erhielt für seine Worte allerdings erstaunliche Rückmeldungen:

„Wer kann sich meine Freude und Überraschung vorstellen, als nun am nächsten Tage bei einer großen Empfangsveranstaltung, die auf dem weiten Platze vor dem Eingang zu den kaiserlichen Gärten inmitten einer nach Hunderttausend zählenden Volksmenge stattfand, der uns bewillkommnende Ministerpräsident mit folgenden Worten seine Rede begann: ‚Herr Doktor, Sie haben mit den ersten Worten, die Sie nach Ihrer Ankunft sagten, sich das Herz des japanischen Volkes erobert!‘

Ich muß gestehen, daß ich mich etwas beschämt fühlte und bei mir dachte: ‚Es ist doch gut, wenn man immer einen guten Dolmetscher bei solchen Gelegenheiten hat.‘ So war ich gleich eine Art ‚Liebling des Volkes‘ geworden, und wir konnten dieses an der Zahl der Geschenke erkennen, die der Besatzung in verschwenderischer Fülle von allen Seiten zuströmten.“

Eckener hält eine Rede bei einem Gala-Diner
Eckener hält eine Rede bei einem Gala-Diner © Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH

Hugo Eckener war nicht nur ein Liebling des japanischen Volkes, er war zu diesem Zeitpunkt vermutlich auch der berühmteste Mann der Welt.

Die Feierlichkeiten gingen weiter, wie Heinz von Eschwege berichtet:

„Ein Gartenfest mittags, ein Frühstück, ein Tee – abends das große Festessen, das uns die vereinigten Ministerien gaben. Einer der großen Festsäle unseres Riesenhotels war geschmückt mit den Fahnen aller Nationen (…). In der Mitte über der großen Tafel schwebte eine mächtige Nachbildung unseres Luftschiffes. Der Tisch war entzückend dekoriert mit kleinen japanischen Landschaften, Zwergkiefern, Liliputfelsen, Moos und Kies. Es war ein vorzügliches Diner. Aber als Eckener seine Dankesrede auf die vielen und außerordentlich herzlichen Begrüßungsansprachen hielt, da blieb mir doch der gebackene Hummer oder was es gerade war, im Halse stecken: Eckener behauptete nämlich,  daß er mit einem solch unvollkommenen Schiff nie wieder eine Weltreise unternehmen würde! Ich weiß schon, was er damit meinte: Er will in Zukunft Schiffe mit stärkeren Motoren bauen. Aber trotzdem war sein Ausdruck durchaus nicht geeignet, mich in Enthusiasmus zu versetzen, denn wir haben mit diesem ‚unvollkommenen‘ Schiff schließlich noch allerhand vor. Der Stille Ozean ist ja auch kein Witz.“

Danach war der Journalist von Eschwege zu einem Fest der Zeitung „Asahi“ eingeladen sowie zu einer Vorstellung des Kaiserlichen Theaters. Auch einige der Besatzungsmitglieder besuchten die Vorstellung, und wieder trafen sie auf andere Sitten, wie Kapitän Lehmann erzählt:

„Im Kaiserlichen Theater tönt Kindergeschrei in das tragische Schwertgeklirr auf der Bühne, zu dem die Deutschen pflichtbewußt ernste Gesichter machen, während die Einheimischen schallend lachen.“ 

TEEZEREMONIEN

„Der Mikado hatte eingeladen“, schreibt Geienheyner. „Allgemeines Erstaunen. Denn er ist nicht nur der Herrscher des Landes, er ist ein Gott. Weit abgerückt vom Leben des Tages haust er in seinen Palästen, bleibt unsichtbar und genießt die Verehrung einer sakralen Person. Er war nicht da, als wir in sein Sommerschloß kamen, aber er ließ sich entschuldigen. Wir gingen durch einen ernsten, stillen Park auf vielfach gewundenen Wegen, überschritten kleine Brücken und kamen zu einem überdachten Holzhaus, vor dem ein kleiner, trüber See den dunstigen Himmel spiegelte. An kleinen Tischen servierten japanische Diener in Kniehosen köstliche Leckereien. Köstliche Obsttörtchen, eisgekühlte Früchte seltsamer Herkunft, es gab Tee, es gab Zigaretten und Zigarren. Zwei Fischer in langen, grauen, enganliegenden Buxen [norddt.: Hosen; Anm. d. Verf.], mächtige Strohhüte auf den Schädeln, brachten Angelruten, stellten sie schräg gegen das Geländer und warfen die Köder aus. Wer Lust hatte, konnte ziehen, wenn ein Fischlein anbiß.“

Während dieser Teezeremonie im kaiserlichen Teehaus lud Eckener Herrn Shibata, den Major des Generalstabes, sowie Commander Kusaka vom Admiralstab zur Mitfahrt nach Los Angeles ein. Sie waren natürlich hocherfreut.

Dann folgte die nächste Teezeremonie. Kapitän Lehmann:

„Beim Deutschen Botschafter treffen wir dann noch einmal die ganze deutsche Kolonie. Am Festessen der Regierung nehmen tausend Personen teil, und es ist dafür gesorgt, daß deutschsprechende Japaner den deutschen Gästen zur Seite sitzen.“

Die Deutschen in Japan waren sehr patriotisch und voller Stolz auf den Zeppelin als „Verkehrsmittel der Zukunft“.

Fahrgäste der Weltfahrt mit japanischen Gastgebern
Fahrgäste der Weltfahrt mit japanischen Gastgebern © Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH

Wie sich Passagiere und Luftschiffbesatzung für den Zeppelin „aufopferten“, beschreibt Geisenheyner:

„Es war eine solche Herzlichkeit, eine solche Anteilnahme und Bewunderung für Deutschland der Anlaß, daß wir schon um des Zeppelingedankens willen feierten, aßen und tranken.“

Und Kapitän Lehmann berichtet:

„Bei einem anderen feierlichen Essen wird Eckener ein uralter Ehrensäbel als Geschenk übergeben. Diese Feierlichkeit hindert nicht, daß alles händeklatschend in herzliches Gelächter ausbricht, als unser Kommandant den Säbel auf der Stelle umlegt. Dazu tischen die reizenden Geishas hauchdünne Täßchen und Schälchen auf, mit winzigen Kosthappen von Bouillon und Huhn und Reis und Salat und rohem Fleisch und vielem anderen, das wir mit Stäbchen aufzupicken unsicher bemüht sind.“

GEFÄHRLICHE LAUFKATZEN

Tee um Tee, Reiskorn um Reiskorn näherte sich der Abschied von Japan. Am 22. August sollte die Reise um die Welt weitergehen.

Japanischer Journalist und einer der japanischen Offiziere, die Eckener zur Mitfahrt eingeladen hatte.
Japanischer Journalist und einer der japanischen Offiziere, die Eckener zur Mitfahrt eingeladen hatte. © Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH

Wieder hatten sich Unzählige auf dem Flugplatz in Kasumigaura versammelt, um bei der Abfahrt des „Grafen“ dabei zu sein. Wie das Aushallen vor sich gehen sollte, beschreibt Kapitän Sammt:

„Am Morgen des 22. August war das Schiff fahrbereit und beladen, die Passagiere an Bord und die Besatzung auf ihren Plätzen. Das Schiff wurde vorsichtig aus der Halle gezogen. Das Hallentor war für unser Schiff sehr eng; so hatten wir nach oben nur einen Spielraum von 25 cm. Das Luftschiff wird, um nicht vom Seitenwind beim Ausfahren oder Einhallen gegen die Hallenwand gedrückt zu werden, an sogenannte Laufkatzen verankert. Dies sind kleine Wagen, die in Schienen laufen. Die Schienen erstrecken sich in der Hallenlängsrichtung von innen bis ca. 300 m vor die Halle. In Kasumigaura wurden vor unserer Ankunft extra für unser Schiff solche Schienen verlegt. Die Laufkatzen müssen nun beim Ausfahren des Schiffes mit gleicher Geschwindigkeit mitgeführt werden, so daß das Schiff während des ganzen Vorganges seitlich fest verankert ist. Der Schiffskörper war schon zu vier Fünfteln im Freien, da passierte ein Mißgeschick, das Fahringenieur Beuerle so beschreibt: Da ertönte von Backbord ein Geschrei, ein Ruck in der hinteren Maschinengondel, in der ich Platz genommen hatte, und schon hörte ich ein bekanntes Krachen über mir.‘ Die Backbordlaufkatze hatte sich verklemmt. Die große Masse des Luftschiffkörpers konnte aber in ihrer Vorwärtsbewegung nicht schnell genug gebremst werden, so daß das Schiff mit dem Heck nach unten schlug, die Streben der hinteren Maschinengondel abknickten und eine Seilverspannung aus einem Ringeck des Schiffskörpers herausriß. Also: ‚Rückwärts marsch!‘ Zur großen Enttäuschung aller Beteiligten mußte das Schiff zur Reparatur in die Halle gebracht werden.

Für den zuständigen Hallenoffizier Kirina war dieser Vorfall so furchtbar, daß befürchtet werden mußte, daß er sich das Leben nehme. Dr. Eckener nahm ihn vor seinen Vorgesetzten in Schutz (…), die Mannschaft treffe an dem Unheil keine Schuld. Dies tat er, obwohl er selbst über das Ungeschick sehr ärgerlich war und die Vorschrift kannte, nach der alle Katzen vor dem Start einmal probeweise durch den gesamten Schienenstrang zu ziehen und die Schienen sorgfältigst mit einem Besen zu reinigen waren.“

Womöglich hätte der Hallenoffizier wegen des Missgeschicks tatsächlich Harakiri begangen, wenn Hugo Eckener sich nicht so klar geäußert hätte. Auch die Kapitäne Lehmann und von Schiller schätzten die Situation so ein. Eckener drückt sich diesbezüglich etwas vager aus:

„Große Aufregung unter den in großer Zahl versammelten hohen japanischen Marineoffizieren: ‚Wie kann so was bei uns passieren?‘ Der unglückliche Offizier, der mit seinen Matrosen die Ausfahrt zu betätigen hatte, war wie vor den Kopf geschlagen und erwog offenbar den Gedanken, ob ihn das seine Stellung kosten würde? Ich nahm mich seiner an, indem ich dem inquirierenden Admiral versicherte, daß so etwas leider des öfteren passiert sei, wenn die tückischen Laufkatzen ‚kanteten‘ oder irgendwo ein kleiner Stein oder ähnliches in die Laufbahn geraten sei.“ 

Das Luftschiff wurde repariert und war gegen Mitternacht schon wieder startklar. Doch ein Taifun verhinderte die Weiterfahrt. Die Passagiere wurden wieder ins Hotel „Imperial“ gebracht.  Eckener setzte sich auf einen Stuhl direkt neben den Hangar und wartete auf besseres Wetter. Seine erste Zwischenbilanz lautet:

„Die politische Mission des Zeppelinschiffes war in denkbar stärkster Weise offenbar geworden, und wir mußten uns im Stillen wieder darüber wundern, daß diese Mission von unserer Regierung nicht klarer erkannt und bewußt ausgenutzt wurde. Oder wollte man es nicht? So ging ich meine eigenen Wege.“

Jetzt weiterlesen:

LZ 127 Weltfahrt – Teil 1: Im Zeppelin rund um den Globus

LZ 127 Weltfahrt – Teil 2: Die Fahrt um die Welt beginnt

LZ 127 Weltfahrt – Teil 3: Gespannte Vorfreude

LZ 127 Weltfahrt – Teil 4: An Bord des LZ 127 „Graf Zeppelin“

LZ 127 Weltfahrt – Teil 5: Unendliche Weiten

LZ 127 Weltfahrt – Teil 6: Ein Pferd rast

LZ 127 Weltfahrt – Teil 7: Japan im Zeppelinfieber

LZ 127 Weltfahrt – Teil 9: „Graf Zeppelin“ überquert den Pazifik

LZ 127 Weltfahrt – Teil 10: Die Weltfahrt endet

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