150 Jahre Bodensee-Geschichtsverein – Ursprung des Zeppelin Museums

In gewisser Weise liegt der Ursprung des Zeppelin Museums vor 150 Jahren in der Gaststätte „Zur Krone“, genauer gesagt in der dortigen Gründung des Bodensee-Geschichtsvereins.

Wie viele große Dinge entsteht auch der Bodensee-Geschichtsverein durch Zutun des Zufalls. Als der junge Lateinlehrer und spätere Pfarrer Gustav Reinwald aus Lindau bei einer Wanderung am Pfingstmontag im Jahre 1868 auf den Amtsarzt Albert Moll aus Tettnang traf, kamen beide ins Gespräch und stellten fest, dass sie das gemeinsame Interesse für die Geschichte des Bodenseeraums teilten. Dazu müsse es einen Verein geben, der sich diesem Themengebiet widmen solle, war ihre einhellige Meinung. Da es diesen noch nicht gab, suchten sie kurzerhand weitere Interessierte, u.a. Hans Freiherr von und zu Aufseß, den Gründer des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg.

Am 19. Oktober 1868 fanden sich über 70 Männer und zwei Frauen in der Gaststätte „Zur Krone“ in Friedrichshafen ein. Dort gründeten sie den „Verein für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung“, oder kurz: den Bodensee-Geschichtsverein, der schnell auf über 700 Mitglieder anwuchs. In Friedrichshafen wurde die erste Geschäftsstelle des Vereins eingerichtet, mittlerweile gibt es Geschäftsstellen in St. Gallen (für die Schweiz und Liechtenstein) und Bregenz (für Österreich). Im Gasthaus „Zur Krone“ entstand zudem das Museum des Vereins, wodurch Friedrichshafen zur ersten Stadt am Bodensee mit einem eigenen Museum wurde. Dort sammelten die Mitglieder nun alles, was mit der Geschichte des Bodensees zusammenhing. So führte das zweite Vereinsheft von 1870 eine vier Pfund schwere, im Bodensee versenkte und 1852 geborgene Kanonenkugel als eines der ersten Exponate auf.

Zeitstrahl in der Eingangshalle des Zeppelin Museums © Zeppelin Museum

Die Sammlung wuchs so schnell, dass die Räumlichkeiten rasch zu klein wurden. 1869 konnte sie in das Haus des Baron von Malchus umziehen, das sich an der Stelle der heutigen Stadtbücherei befand und von König Karl I. von Württemberg zur Verfügung gestellt und auch finanziert wurde. Die Sammlung war zu festen Zeiten zu besichtigen: Sonntags eine Stunde am Vormittag und zwei am Nachmittag, an drei Wochentagen je eine Stunde am Vormittag, und das regulär von Juli bis September. Der Eintritt betrug 6 Kreuzer oder 20 Pfennig, was in etwa dem Preis für einen Liter Bier entsprach.

Der Verein förderte gezielt Museumsgründungen, etwa des Rosgartenmuseums in Konstanz, des Naturalienmuseums in Ravensburg oder auch einer Sammlung von Kunstgegenständen in Lindau, aus der später ein Museum hervorging.
Nach zehn Jahren musste wieder umgezogen werden, dieses Mal in das  Hotel Bellevue, dem späteren Hotel Schöllhorn. Dort fand sie für die nächsten 33 Jahre ihr Zuhause. Auch hier wuchs die Sammlung stetig an, was auf die fleißige und unermüdliche Arbeit der Mitglieder zurückzuführen ist, die Funde aus privaten Exkursionen und Forschungen einbrachten. Zudem konnten u.a. eine umfangreiche Münzsammlung sowie prähistorische und römische Funde, eine zoologische Sammlung und mehrere Gemälde und Stiche erworben werden. Durch die Menge an Exponaten glich das Museum mehr einem Depot. Dem Grundsatz folgend, dass ein Museum nicht nur sammeln und bewahren, sondern auch ausstellen soll, mussten wieder neue Räume her.
Es bot sich das mächtige Gebäude des „Kreuzlinger Hofes“ an der Ecke Karl-Schanzstraße an. Schon lange hatten Verhandlungen zwischen der Stadtverwaltung und dem Verein stattgefunden, an deren Ende man übereinkam, dass die Stadt mit 18.000 Reichsmark eine beachtliche Summe zum Umbau der Räume zur Verfügung stellte. Nach einem verzögerten Abschluss der Arbeiten konnte am 74. Geburtstag des Grafen Zeppelin, dem 8. Juli 1912, endlich mit viel Prominenz die feierliche Eröffnung begangen werden. Von nun an trug das Museum den Namen „Bodensee Museum“.

Besuch des württembergischen Königspaars zur Neueröffnung am 8. Juli 1912 © Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH

1913 wurde das Zeppelinzimmer eingerichtet, anlässlich des 75. Geburtstages des Grafen und auf Beschluss der Friedrichshafener Stadtverwaltung. Darin waren zahlreiche Luftschiff-Modelle und auch einige Gemälde zu sehen. Die Verbindung von Technik und Kunst lässt sich also bereits dort erkennen. Graf Zeppelin selbst war dem Verein sehr verbunden, nachdem er vom damaligen Vereinspräsidenten Heinrich Schützinger umworben und zum Ehrenmitglied ernannt wurde. Zudem war sein mittlerweile verstorbener Bruder Eberhard von 1892–1905 Vereinsvorsitzender gewesen. Graf Zeppelin unterstützte den Verein beim Aufbau des Museums, unter anderem mit der Anfertigung eines Porträts von sich durch den Maler Erwin Emerich für die Sammlung des Vereins. Für das Zeppelinzimmer stiftete er Erinnerungsstücke aus seinem Leben und seiner Arbeit. Seine Popularität regte viele Spender an, dem Museum weitere Stücke zu spenden.

Gegen Ende des Ersten Weltkriegs geriet das Bodensee-Museum zusehends in finanzielle Schwierigkeiten. Zum einen war der Kommerzienrat Gustav Prym aus Konstanz im Jahr 1917 gestorben, der in großzügiger Weise die Errichtung des Bodensee-Museums unterstützt hatte. Andererseits verstärkten sich die Auswirkungen der Inflation durch die nach 1918 ausgebliebenen Spenden und Zuschüsse der Herrscherhäuser am See.  Der Ankauf vieler angebotener Stücke konnte aus Geldmangel nicht realisiert werden, auch an einen Ausbau der Einrichtung war nicht zu denken. So beschloss die Mitgliederversammlung des Bodensee-Geschichtsvereins am 6. September 1926 in Romanshorn den Verkauf der gesamten Sammlungen an die Stadt Friedrichshafen zum Kaufpreis von 35.000 Reichsmark. Damit war sichergestellt, dass die kulturelle und museale Arbeit fortgesetzt werden konnte. Am 12. Januar 1927 ging die Sammlung formell in den Besitz der Stadt über und erhielt den Namen „Städtisches Museum“. Dies wurde im weiteren Verlauf von Museen zweier ansässiger Unternehmen ergänzt: Im alten Salzstadel entstand im ersten Obergeschoss das Dornier Museum, während das kleine Firmenmuseum der Luftschiffbau Zeppelin GmbH auf dem Werftgelände 1938 in eine neues, 1.000 m2 großes Gebäude umzog.

Das Zeppelin Museum in der Werft © Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH

Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bremste die Entwicklung des Museums nicht nur, die Bombenangriffe auf Friedrichshafen zerstörten fast die komplette Sammlung, ebenso die beiden Firmenmuseen. Im Gegensatz zum Bodensee Museum konnten die Firmen jedoch ihre Bestände größtenteils auslagern und schützen.
Dem späteren Wiederaufbau und der Entwicklung haben wir mit dem Artikel „Ein oberschwäbischer Mittelpunkt kulturellen Lebens!“ – das Bodensee-Museum Friedrichshafen einen eigenen Beitrag gewidmet.

Zeppelinsammlung im neuen Bodensee Museum © Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH

Die Zeppelinsammlung, die als Reparationsleistung nach Frankreich abgegeben worden war, kehrte erst 1960 wieder zurück und bezog den vierten Stock des neuen Museums im Friedrichshafener Rathaus. 1985 konnten die Räumlichkeiten umgebaut und für die steigenden Besucherzahlen attraktiver gestaltet werden. Die Zahl der Besucher erreichte ab 1987 mehr als 100.000 pro Jahr. Diesem Ansturm war der Museumsflügel im Rathaus auf Dauer nicht gewachsen. Die über die Jahre erworbenen wertvollen Gemälde – so z.B. die Dix-Sammlung – stellten zudem höhere Anforderungen an die konservatorischen Bedingungen. So entstand die Idee für einen Neubau. 1996 erfolgte dann der Umzug in den ehemaligen Hafenbahnhof, in dem das Zeppelin Museum bis heute seine Heimat gefunden hat.

Der Bodensee-Geschichtsverein war Ausgangspunkt und bedeutender Baustein der kulturellen Landschaft am Bodensee und setzte wichtige Impulse in der Sammlung, Erforschung und der Einrichtung des heutigen Zeppelin Museums. Trotz zweier Weltkriege schaffte er es stets, über die Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten und unpolitisch und überkonfessionell zu bleiben. Nicht ohne Grund also findet sich sein Gründungsdatum im Zeitstrahl des Zeppelin Museums in unserer Eingangshalle.


Fotos: © Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH & Zeppelin Museum

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