Sechs Wochen lang durfte ich im Zeppelin Museum schnuppern, wie ein Museum arbeitet und was alles hinter den Kulissen passiert. Feststellen konnte ich, dass man als BesucherIn nur die Spitze eines riesigen Eisbergs zu Gesicht bekommt. Bei meiner täglichen Arbeit hier beschäftigte mich eine Frage besonders.
Gerade an einem Ort wie Friedrichshafen mit sowohl national als auch international führenden Unternehmen boomt es regelrecht an Innovationen. Da wurde mir bewusst, dass sich auch ein Museum fragen muss, wo es sich in einer sich ständig bewegten Welt verortet.
Welche Rolle spielt Kult in einer ständig veränderten Welt?
Diese Frage stellte sich auch das Museum bereits in der letztjährigen Sommerausstellung „Kult! Legenden, Stars und Bildikonen“. Kult ist vielfältig. Heutzutage gilt wohl McDonalds als Essenskult oder vielleicht WhatsApp als Kommunikationskult. Zumal für den ein oder anderen mit Sicherheit auch das Streamen über Netflix Kult ist. Ganz klar, die Spanne ist weit. Leider denkt man bei Kult aber weniger an die Museen.
Doch was ist mit diesen? Wurden sie in der schneller werdenden Zeit zu „Schnee von gestern oder sind sie vielleicht doch noch up to date“? Als Praktikantin hier im Zeppelin Museum interessiert es mich natürlich, wer hier zu Besuch kommt. Bekanntlich ist das Zeppelin Museum mit seiner Lage direkt am Hafen für die meisten UrlauberInnen ein Punkt auf der To-Do-Liste. Wir möchten aber auch für die HäflerInnen attraktiv bleiben.
„Einmal Zeppelin Museum reicht für’s ganze Leben“?
Neben der Geschichte der Luftschifffahrt steckt unser Team regelmäßig viel Energie in die Wechselausstellungen. Dementsprechend ist es also keineswegs so, dass man bei mehrmaligen Besuchen immer das Gleiche zu sehen bekommt. Von „Schönen Neuen Welten“ und „Kult!“ über „Innovationen“ und „Eigentum verpflichtet“ bis hin zu „Ideal Standard“ (ab Dezember 2018) und „Game of Drones“ (ab Juni 2019) – für jeden ist etwas dabei. Aber kommen die BesucherInnen, besonders die Einheimischen, denn wirklich öfter als einmal in unser Museum?
Fragen über Fragen – Zeit für Antworten!
Also habe ich mich mehr oder weniger spontan auf den Weg gemacht und einfach mal die Menschen auf der Straße befragt, ganz ohne Anspruch auf Repräsentativität. Insgesamt haben 29 Personen beziehungsweise Personengruppen mir ihre Zeit geschenkt und sich befragen lassen. Von Kindern und Jugendlichen über junge Paare, Familien und RentnerInnen bis hin zu Körperlich-Eingeschränkten: von allen hat jemand mitgemacht.
Neben den HäflerInnen und den TouristInnen habe ich auch einige Leute aus der Region, TagesausflüglerInnen und Geschäfts- beziehungsweise Durchreisende getroffen und interviewen dürfen.
Die Heimischen
Durchmischt, so ist es bei den Leuten aus Friedrichshafen: Manche waren noch nie im Zeppelin Museum, andere schon öfter und einige auch nur einmal. Tatsächlich kam es bei den Damen und Herren der etwas älteren Generation auch mal vor, dass sie zwar noch nie im Zeppelin Museum aber schon im Bodensee Museum, also dem Vorgänger, waren. Das Bodensee Museum gibt es nun aber leider schon seit 1990 nicht mehr…
Insbesondere die Kinder und Jugendlichen von hier waren schon mehr als einmal im Museum. Und warum? Die meisten waren mit dem Kindergarten oder mit der Schule bei einer Führung dabei. So wie beispielsweise die beiden Jungs auf dem Bild (oder auch meine große Schwester und ich).
Mein persönliches Highlight der Umfrage ist die Dame auf der rechten Seite des Bildes. Sie hat es geschafft, mich mit ihrer Geschichte zum Zeppelin Museum besonders zu rühren, denn sie hat mal darin gewohnt! Natürlich nicht im Museum, sondern als das damalige Bodensee Museum noch im Rathaus war, hatte ihre Familie eine Wohnung im Hafenbahnhof. Also dort, wo heute das Zeppelin Museum zuhause ist. Für sie ist auch die Barrierefreiheit (abgesehen von der Rekonstruktion der Hindenburg) ein Grund, unbedingt mal wieder vorbei zu kommen – zu unserer Freude.
Die Touristen
Von den acht UrlauberInnen und Urlauberfamilien, mit denen ich gesprochen habe, waren bereits drei im Museum und fünf noch nicht. Von diesen fünf planen auch leider nur noch drei einen Besuch bei uns. So wie diese kleine Familie:
Sie sind erst am Vortag angereist. Auf Wunsch der Tochter gehen sie auch noch in das Zeppelin Museum und freuen sich darauf.
Eine andere Familie aus Mecklenburg-Vorpommern, die ich befragen durfte, kam gerade strahlend aus dem Museum. Gefallen hat es ihnen offensichtlich. Der jüngere Sohn erzählt, dass ihn am meisten die Teilrekonstruktion der Hindenburg faszinieren konnte. Besonders weil man in die Kabinen reingucken konnte. Stolz nimmt er seinen Museumskoffer als Andenken mit nach Hause. (Den ich beim Fotografieren aus Versehen abgeschnitten habe, in seiner linken Hand trägt er ihn.)
Leute aus der Umgebung
Sofort fällt auf, dass von den fünf Befragten aus der Region alle schon mal im Zeppelin Museum waren – die meisten sogar mehr als nur einmal.
So wie beispielsweise dieser nette Herr aus Meckenbeuren, den ich auf dem Seehasenfest getroffen habe. Er war schon zweimal im Zeppelin Museum und möchte wieder hin, weil „immer wieder was Neues dabei“ ist. Da gebe ich ihm auch eindeutig recht.
Unschlagbar! Den eindeutigen Rekord hält diese Dame aus Vorarlberg: Sie war bereits so oft im Zeppelin Museum, dass sie selbst nicht mehr weiß, wie oft genau: „Vielleicht so sieben- bis achtmal oder öfter.“ Neben den Wechselausstellungen locken sie aber auch immer wieder sowohl die Teilrekonstruktion der Hindenburg als auch die Geschichte der Zeppeline in das Museum. Na dann auf weitere sieben- bis achtmal!
TagesausflüglerInnen, Durchreisende und Geschäftspersonen
Diese Personengruppen haben eher weniger Zeit und besuchen das Zeppelin Museum eher selten.
Ein Vater berichtete, dass die Familie trotzdem schon im Foyer und im Museumsshop waren, um sich das Zeppelin Museum nicht völlig entgehen zu lassen. Das freut uns!
Lustig war es mit diesen SchülerInnen: „Bei dem Wetter gibt’s Besseres zu tun.“ – sehr ehrlich, aber bei der Hitzewelle auch vollkommen verständlich. Sie waren mit der Klasse für einen Tag in Friedrichshafen und hatten eigentlich auch vor, gemeinsam in das Museum zu kommen. Sie können sich aber gut vorstellen im Winter das Zeppelin Museum zu besuchen, wenn es nicht so heiß ist.
Und was gefällt unseren BesucherInnen am besten?

Zweifellos. Am Beliebtesten ist die Teilrekonstruktion der Hindenburg.

Dicht gefolgt von unserem „alten Auto“, wie es eine Grundschülerin nennt: der Maybach.
Ansonsten loben die PassantInnen unsere Führungen, den Aufbau unserer Ausstellungen und die Architektur des Gebäudes. Für die meisten war die größte Motivation, die Geschichten rund um die Luftschifffahrt und die Zeppeline, die man in der Region so oft sieht, zu erfahren.
Verbesserungsvorschläge?
„Für mich persönlich fehlt es an Neuem & Innovationen“, so der junge Herr, der schon „seit einer Ewigkeit und drei Tagen“ in Friedrichshafen zuhause ist und bereits zweimal im Zeppelin Museum war. Wie gut, dass ich ihn auf die aktuelle Wechselausstellung „Innovationen! Zukunft als Ziel“ hinweisen konnte. Seine Reaktion? „Vielleicht sollte ich da doch mal wieder hin.“ Uns würde es auf jeden Fall freuen! Wir würden gerne unter Beweis stellen, dass das Museum vor allem durch seine Wechselausstellungen „up to date“ ist.
Kleiner Tipp am Rande: Neben der Wechselausstellung „Innovationen!“, die man noch bis zum 04. November besuchen kann, arbeitet das Zeppelin Museum seit 2016 an detektivischer Forschungsarbeit bezüglich der Raubkunst. Was viele nicht ahnen ist, dass das Museum mit fast 4000 Werken über eine Kunstsammlung verfügt, die die größten Meister aus Süddeutschland vom Mittelalter bis zur Neuzeit versammelt und einen Bogen bis zur zeitgenössischen Kunst spannt. Die Ergebnisse kann man in der Ausstellung „Eigentum verpflichtet. Eine Kunstsammlung auf dem Prüfstand“ begutachten. (Über die Ausstellungen und aktuelle Veranstaltungen wird man übrigens auch auf Facebook und in unserem Newsletter auf dem Laufenden gehalten.)
Fazit
TouristInnen, HäflerInnen und auch Personen aus der Region waren schon einmal oder öfter im Zeppelin Museum. Die „klassische Besuchergruppe“ gibt es also für uns eigentlich gar nicht. Gut so, schließlich sind wir für alle da. Auch die Tatsache, dass für TagesausflüglerInnen und Vorbeireisende die Zeit für einen Museumsbesuch meistens zu knapp ist, können wir nachvollziehen. Für die Eiligen haben wir deswegen aber einen Highlight-Rundgang eingerichtet: die wichtigsten Exponate haben pinke Schilder!
Nichtsdestotrotz freuen wir uns über jeden einzelnen Besucher und jede einzelne Besucherin und hoffen, dass wir sowohl von den Interviewten als auch von den LeserInnen den ein oder anderen motivieren können, mal wieder bei uns vorbei zu schauen.
Abschließend möchte ich mich bei allen bedanken, die sich die Zeit genommen und sich von mir befragen lassen haben. Das ist auf keinen Fall selbstverständlich.
Bilder: © Christiane Schmid
Christiane Schmid hat im Frühjahr 2018 ihr Abitur am Valentin-Heider-Gymnasium in Lindau am Bodensee absolviert. Ab Herbst ist sie „Communication, Culture & Management“ – Studentin an der Zeppelin Universität. Um in der Zwischenzeit eigene Studien- und Berufsziele zu reflektieren, ist sie von Juli bis Mitte August Praktikantin in der Abteilung Kommunikation im Zeppelin Museum.