VOR 110 JAHREN: LZ 4 – das Schicksalsschiff | Teil 4

LZ 4, von einigen auch als Z II oder „Modell 1908“ bezeichnet, war das Luftschiff, das in der Zeppelingeschichte einen Wendepunkt markiert. Hier findet Ihr seine Geschichte – erzählt in vier Teilen von unserer Bloggerin Sabine Ochaba:

Über den nächsten Morgen, den 5. August 1908, berichten die verbliebenen Reisenden:

„Kurz nach 6 Uhr steuerten wir hart am Bismarckturm in Stuttgarts Talkessel hinein. Voll Erwartung klopfte uns das Herz, hatten wir doch während der ganzen Fahrt, so reich sie auch an Schönheiten und erhebenden Momenten war, uns auf diese Episode besonders gefreut. […] Wie berauscht noch von den überwältigenden Eindrücken, die unser Erscheinen in der Stadt hervorriefen, befanden wir uns plötzlich über der Reinsburg und Degerloch, auf dem Wege zu den Fildern hinauf. Wir ahnten nicht, dass unsere Triumphfahrt einen schnellen Abschluss finden sollte.“

Die zweite Notlandung
Erneut hatte LZ 4 Motorprobleme und Graf Zeppelin entschloss sich, kurzfristig in Echterdingen zu landen. Von den nahen Daimler-Werken in Untertürkheim erhoffte er sich rasche Hilfe.

Die Landung in Echterdingen erfolgte ohne Schwierigkeiten und das Schiff schaukelte im sanften Südwind. Auch hier hatte sich rasch eine große Menschenmenge um das Luftschiff versammelt, die das Ereignis volksfestartig feierten.

An dieser Stelle findet Ihr nun einen privaten Exkurs: Sehr gute Freundinnen und Freunde von mir berichten noch heute von ihrer Großmutter Karoline Schraitle, die, gerade mal zehn Jahre alt, ihren kleinen „Dotevetter“ Fritz ins Leiterwägelchen packte und von Bernhausen nach Echterdingen lief, um die Landung des Luftschiffs zu feiern. Als sie dort ankamen, war LZ 4 noch gut vertäut und Tausende begeisterter Menschen waren in Festtagsstimmung, obwohl es ein ganz normaler Mittwoch war.

Unterdessen war Georg Hacker mit dem Zug nach Friedrichshafen gefahren und als erstes nach Manzell geradelt. Dort erfuhr er, dass das Luftschiff wegen weiterer Probleme mit den Motoren in Echterdingen notgelandet sei und auf Gas und andere Hilfsgüter aus Manzell wartete. Außerdem seien Monteure der Daimler-Werke auf dem Weg nach Echterdingen.

Hacker meldete sich sofort, um nach Echterdingen mitzufahren. Da ihm noch etwas Zeit bliebt, radelte er wieder zurück nach Friedrichshafen, um zuhause Mittag zu essen. Er fand die Stadt in Siegesstimmung vor:

„Alle Häuser waren beflaggt. Die Menschen drängten einander auf den Straßen. Für meine Frau war meine Ankunft eine wahre Überraschung. Sie war durch die Tagesblätter und Extraausgaben über den Verlauf der Fahrt genau unterrichtet. Aber daß ich ausgebootet war bei der Notlandung, davon hatte sie nichts erfahren. Unser Junge kam aus der Schule und natürlich musste ich erzählen.

Meine Frau begleitete mich auf den Stadtbahnhof. Unser Werftwagen war an den fahrplanmäßigen Ulm-Stuttgarter Zug angehängt.“

In der Zwischenzeit geschah das Unfassbare: LZ 4 wurde von einer plötzlichen Gewitterböe seitlich erfasst, jäh aus der Verankerung gerissen und emporgeschleudert. Im Reisebericht der Zeitzeugen heißt es weiter:

„Vielleicht wäre es noch gelungen, den Ausreisser einzufangen, da aber – ein Entsetzensschrei entrang sich der Brust der Zuschauer – lohte plötzlich eine Flamme an dem weissen Ballonkörper auf, verbreitete sich mit rasender Geschwindigkeit über das ganze Schiff und vernichtete es in wenigen Sekunden. Ein elender, zerrissener, geschwärzter Haufen lag als Ueberbleibsel von dem auf dem Felde, was wir vor wenigen Stunden noch zuversichtlich und sicher durch die Lüfte steuern sahen.“

Um 14:48 Uhr war das neue Luftschiff LZ 4 / Z II komplett zerstört. Graf Zeppelin sendete sofort ein Telegramm an seine Tochter Hella in Friedrichshafen:

Georg Hacker und die anderen Zeppeliner, die im Zug nach Stuttgart saßen, erfuhren in Ulm am Bahnhof vom Unglück in Echterdingen. Sie fuhren dennoch weiter und gelangten Stunden später zur Unglücksstelle, wo nicht nur das Luftschiff vernichtet war. Auch ein großer Traum schien für immer zerstört.

Im Gegensatz zu Georg Hacker waren Karoline Schraitle und ihr Vetter Fritz live dabei gewesen, als das Unglück geschah. Und noch heute wird von ihren Nachkommen über dieses Ereignis gesprochen – ein Beweis dafür, dass es noch heute im kollektiven Gedächtnis verankert ist.

Teil 1 | Teil 2 | Teil 3

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert