VOR 110 JAHREN: LZ 4 – das Schicksalsschiff | Teil 2

LZ 4, von einigen auch als Z II oder „Modell 1908“ bezeichnet, war das Luftschiff, das in der Zeppelingeschichte einen Wendepunkt markiert. Hier findet Ihr seine Geschichte – erzählt in vier Teilen von unserer Bloggerin Sabine Ochaba:

Die 12-stündige Schweizerreise
Nach der Erstfahrt absolvierte LZ 4 noch zwei weitere erfolgreiche Werksfahrten. Doch vor der geplanten 24-stündigen Dauerfahrt wollte Graf Zeppelin das Luftschiff mit einer längeren Fahrt prüfen.

Am 1. Juli war es dann soweit. Mit an Bord waren der Schriftsteller Emil Sandt und der Meteorologe Prof. Hugo Hergesell. Beide berichteten anschließend in verschiedenen deutschen Wochenblättern und Illustrierten über diese Fahrt.

Hergesell schrieb: „Es war ein herrlicher Morgen, als wir an diesem denkwürdigen Tag, dem 1. Juli 1908, auf des Grafen kleinem Motorboot nach der schwimmenden Reichshalle hinausfuhren. Dort harrte unser bereits das durch den Ingenieur wohlabgewogene Luftschiff. Schnell nehmen wir unsere Plätze in den Gondeln. Im Ganzen zwölf Personen, und das Kommando zur Ausfahrt ertönte. In sieben Minuten war das Schiff aus der Halle, schwenkte backbord in voller Fahrt auf Konstanz, das wir in kaum 20 Minuten erreichten und unter dem Jubel der Bevölkerung überflogen; bald ging es in den herrlichen Untersee hinein, und unter uns lagen jene reichen Gefilde ältester Kultur. Zu unserer Rechten erstreckte sich die sonnige Reichenau mit ihren reichen Dörfern und Klöstern, und vor uns lagen die grünschimmernden Uferberge des Rheins, dessen Flusslauf wir schon deutlich im Untersee durch Schaumstreifen unterscheiden konnten. Schnell glitten wir dahin, nicht lange Zeit blieb zum Beobachten, mit fast 60 Stundenkilometer durchzogen wir die Gegend.“

Die Reise führte bis über Luzern hinaus und LZ 4 legte in zwölf Stunden bei einer durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit von 32 km/h insgesamt 384 Kilometer zurück. Hier findet Ihr die Fahrtroute:

Diese Fahrt brach alle bisherigen Luftschiff-Dauerfahrt-Rekorde und wurde nun auch im Ausland wahrgenommen. Neben euphorischen Berichten in der deutschen Presse beschrieben und kommentierten auch alle wichtigen Schweizer Zeitungen und Illustrierten diese Fahrt. Der britische „Observer“ beurteilte die Schweizfahrt sogar als die wichtigste Begebenheit der Gegenwart.

Hugo Hergesells Reisebericht endet pathetisch und prophetisch:

„In zwölfstündiger Fahrt hatten wir Städte und Berge überflogen, Grenzen verschiedener Staaten gekreuzt, immer Herren unseres Schiffes, immer Meister im flutenden Luftmeer, wahre Eroberer des Luftozeans.

Neben mir aber stand der Mann, der dies alles gegen den Widerstand einer ganzen Welt geschaffen, in ruhiger, aber stolzer Bescheidenheit da. Ein mildes Lächeln verklärte seine ruhigen Züge, als er auf seine Arbeitsstätte, den Bodensee, herabblickte. Die Abendsonne beschien das edle Antlitz und küsste es mit dem Hauche der Unsterblichkeit.“

Zwei Tage nach der Schweizfahrt fuhr das württembergische Königspaar mit LZ 4 und demonstrierte damit, wie sicher das neue Luftgefährt des Grafen sei.

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