SOS im Eis – Das Luftschiff „Italia“ verunglückt in der Arktis

Voller Optimismus brach Umberto Nobile am 23. Mai 1928 mit seinem Luftschiff „Italia“ von seiner Basis in Spitzbergen aus zur letzten von drei geplanten Forschungsreisen auf. Mit seinem Wissenschaftsteam wollte Nobile in der Arktis den Erdmagnetismus, die Gravitation und die Ozeantiefe messen. Neben den 16 Besatzungsmitgliedern und zahlreichen wissenschaftlichen Messgeräten war auch Nobiles Hündin Titina mit an Bord.

Die Route dieser letzten Fahrt führte von Spitzbergen aus über die Nordwestecke Grönlands bis zum Nordpol, den die „Italia“ nach etwa 20 Stunden Fahrt am 24. Mai um 0.20 Uhr erreichte. Das Ereignis wurde per Funkspruch in der Welt verbreitet.

Da starker Wind eine Landung nicht erlaubte, ließ Nobile aus einer Höhe von rund 150 Metern die italienische Flagge und ein vom Papst gesegnetes Kreuz abwerfen. Anschließend sang die Besatzung die italienische Nationalhymne und stieß mit einem Glas Eierlikör auf die erfolgreiche Hinfahrt an.

Absturzkatastophe
Der ursprüngliche Plan, drei der Männer auf dem Eis Messungen durchführen zu lassen, musste aufgegeben werden, da sich das Wetter rasant verschlechterte. Die „Italia“ trat die Rückfahrt nach Spitzbergen an.

Auf dem Rückweg führten dichter Nebel, starker Gegenwind sowie ein durch Eis verklemmtes Höhenruder zum Absturz der „Italia“. Beim Aufprall auf dem Packeis am 25. Mai 1928 um 10.33 Uhr riss die Gondel des Luftschiffes ab. Maschinist Vincenzo Pomella wurde dabei sofort getötet. Der um das Gewicht der Gondel leicht gewordene Luftschiffkörper trieb mit sechs Mann Besatzung steuerlos davon.  Bis heute fehlt von ihnen jede Spur.

Auf dem driftenden Packeis
Die neun Überlebenden, darunter Umberto Nobile und seine unverletzt gebliebene Hündin, warteten auf dem driftenden Packeis auf Rettung. Ausgerüstet mit Notproviant für etwa 25 Tage, einer tragbaren Notfunkanlage sowie einem mit Anilinfarbe rot markierten Zelt waren sie uneinig, ob sie sich zu Fuß in Richtung Spitzbergen aufmachen oder lieber auf dem Eis ausharren sollten. Drei der Männer gingen los, einer davon kam dabei ums Leben.

Die Männer im roten Zelt setzten immer wieder ihren Notruf ab:

„SOS Italia. Auf dem Packeis, nahe der Foyn-Insel, nordöstlich Spitzbergens, 80°37‘ Breite, 26°50‘ Länge.“

Rettung naht
Am 3. Juni wurde ihr SOS-Signal zufällig von Nikolaj Schmidt, einem russischen Amateurfunker, bei Archangelsk aufgefangen. Es begann die bislang größte internationale Suchaktion in der Arktis: 18 Schiffe und 21 Flugzeuge aus Norwegen, Schweden, Finnland, Frankreich, Dänemark, der UdSSR und Italien mit insgesamt 1.500 Menschen waren beteiligt.

Flugzeuge hatten das rote Zelt bereits gesichtet und Notausrüstung abgeworfen, aber erst am 24. Juni gelang es dem schwedischen Flieger Einar Lundborgh, mit einer Fokker C.V, die mit Schneekufen ausgerüstet war, neben dem roten Zelt auf dem Eis zu landen. Der verletzte Nobile wurde überredet, sich als erster ausfliegen zu lassen, um von Spitzbergen aus die weitere Rettungsaktion zu leiten. Seine Mannschaft verlassen zu haben, wurde ihm später immer wieder vorgeworfen.

Die Lage der verbliebenen Männer verschlimmerte sich, denn durch die warme Witterung schmolz das Eis. Mit lautem Krachen brach das Eis in immer kleinere Stücke auseinander und weitere Landungen von Flugzeugen wurden dadurch verunmöglicht.

Erst sieben Wochen nach Nobiles Rettung wurde der Rest der Gruppe am 12. Juli 1928 vom sowjetischen Eisbrecher „Krassin“ gerettet.


Sehenswert: Das rote Zelt, italienisch-sowjetischer Spielfilm von 1969 mit Claudia Cardinale und Sean Connery.

Hörtipp: SOS rao rao foyn – Krassin rettet Italia. Es handelt sich um das älteste vollständig erhaltene Hörspiel des deutschen Rundfunks!

Ausführliche Informationen findet man in Jürgen Bleiblers Artikel „Die Fahrten der Norge und der Italia“ im Ausstellungskatalog 60°30‘ NORD – Luftschiffe über der Arktis, S. 89 ff.

Bilder: © Museo Storico dell’Aeronautica Militare, Vigna di Valle

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