von Sabine Ochaba und Jan Werner
Viele dachten nach den erfolgreichen ersten Fahrten des LZ 127 „Graf Zeppelin“, dass sich Luftschiffe als Langstreckenverkehrsmittel durchsetzen würden. Nur zwei Zeppeline, der oben Genannte und die größere LZ 129 „Hindenburg“, haben jemals interkontinentale Linienflüge absolviert. Trotzdem wurden schon früh Überlegungen angestellt, wie man auf Luftschiffhäfen den sehr hohen personellen Aufwand reduzieren könne. Eine große Rolle spielte hier auch die Senkung von Betriebskosten. Eine dieser Anstrengungen war die Mechanisierung von Landungen.
Für die herkömmlichen Landungen wurden beim „Graf Zeppelin“ mindestens 200 Mann benötigt.
Diese sogenannte Haltemannschaft musste vom Luftschiff abgeworfene Seilspinnen auffangen [Seilspinnen sind Taue, an deren Ende ein Ring mit zahlreichen kleineren Seilen mit Knebelbünden befestigt sind], mit denen das Schiff stabilisiert und zu Boden gezogen werden sollte. Ein kleiner Teil des Bodenpersonals musste eine besondere Aufgabe erfüllen: Ungefähr 50 Mann mussten sich unter der Passagiergondel des Zeppelins positionieren, um das Luftschiff mithilfe von Haltestangen abzufangen. Da das Luftschiff beim Landen nicht schwerer als Luft war, bestand hier kaum Unfallgefahr. Jedoch befand sich in der Landeanweisung für den LZ 127 (Akte LZA 003/0204) folgender Hinweis:
„Es empfiehlt sich hierfür Leute auszuwählen, die bei dem Herunterkommen des Schiffes nicht erschrecken und fortlaufen, was erfahrungsgemäß infolge des mächtigen Eindrucks leicht geschieht.“
Für die Landemannschaften wurden oftmals Werftarbeiter oder auch Bereitschaften der Feuerwehr und Schutzpolizei engagiert. Diese mussten manchmal recht kurzfristig zusammengetrommelt werden und konnten natürlich auf dem Flugplatz nicht ihrer normalen Tätigkeit nachgehen – beides Gründe, um sich über Alternativen Gedanken zu machen. Ersterer konnte eine große Rolle gespielt haben, da beim Start der Mechanisierungs-Überlegungen bei der Luftschiffbau Zeppelin GmbH eine nicht weiter bekannte Verfügung des Reichsverkehrsministeriums als Begründung für Forschungsarbeiten genannt wurde. Man könnte mutmaßen, dass es für staatliche Behörden auf die Dauer nicht hinnehmbar war, große Mengen an Personal zur Verfügung zu stellen.

Deshalb wurden Überlegungen angestellt, die Landetechnik zu optimieren, wie in einem Arbeitsbericht der Landeabteilung vom 22. März 1932 (LZA 017/0463) zu lesen ist:
„Mitte Juli 1930 wurde die Landeabteilung gegründet mit dem Zwecke, Landung und Start eines Luftschiffes möglichst mit mechanischen Mitteln durchzuführen in Anbetracht der bedeutenden Unkosten einer stets bereiten Landemannschaft.
Die Pläne und Ideen, solches durchzuführen, waren zunächst darauf gerichtet, mit einfachen und weniger kostspieligen Mitteln Erleichterung für die genannten Manöver zu schaffen und auf diese Weise Erfahrungen zu sammeln betreffs des Verhaltens des Schiffes wie der Manövrierfähigkeit auf dem Landeplatz.“
Zuerst musste geklärt werden, auf welche Weise eine Landung am schnellsten und sichersten vor sich gehen könne und welche mechanischen Hilfsmittel dafür in Frage kämen.
„Als sehr geeignet erschien eigens für die Landungsmanöver mit Spill [= eine drehbare Vorrichtung zum Einholen von Seilen] und Führungsrolle versehene Raupenschlepper ähnlich einer bei der Reichswehr verwendeten Ausführung. Dieselben wurden beschafft und werden nach bereits stattgefundenen kurzen Vorversuchen im Herbst des vorigen Jahres in diesem Frühjahr nach Möglichkeit bei allen Landungen Verwendung finden.“
Das war allerdings zu diesem Zeitpunkt noch reines Wunschdenken, denn es kam im Jahr 1932 nur zu einem einzigen solchen Landungsversuch – am 28. Juni.
Eine fahrbare Abfangvorrichtung für die Führer- und hintere Motorgondel wurden für dieses Manöver notwendig.
„Weiterhin ist zum sicheren Einbringen des Luftschiffes in die Halle entworfen und gebaut worden ein fahrbarer Ankermast, an dessen Mastkopf wiederholt schon aufgrund gemachter Erfahrungen Verbesserungen angebracht wurden. Diese Versuche werden mit der Zeit eine Lösung der Mastkopffrage bringen, die später beim Bau der Landeeinrichtungen für Flugplatz Löwental und andere Landungsplätze von großer Wichtigkeit ist. Hallengleisanlage sowie Ringgleis auf dem Landeplatz und auf schienenfahrbarer Ankermast gewährleisten für alle Fälle die sicherste Möglichkeit von Start und Landung. Für das Ringgleis dient zur Befestigung von Schiff und zum Einschwoien [= Eindrehen] in die Windrichtung ein Schienenwagen, dessen Konstruktion bereits durch zwei Ausführungen sich als zweckentsprechend erwiesen hat.“
Für Wasserlandungen wurden schwimm- und tragfähige Gondelpuffer vorgeschlagen und gebaut. Deren Brauchbarkeit wurde bereits durch Landeversuche auf dem Bodensee und bei auf der Arktisfahrt festgestellt.
„Im Übrigen haben die mannigfachen Arbeiten und Versuche deutlich den Weg gewiesen, der den mechanischen Start und die mechanische Landung eines Luftschiffes zum Ziele hat und damit ist auch die Wirtschaftlichkeit der Luftschiffahrt in dieser Hinsicht nicht mehr in Frage gestellt.“
Die eingesetzten Fahrzeuge
Für den Umbau zu Spillwagen wurden mehrere Modelle unterschiedlicher Hersteller in Erwägung gezogen. Aufgrund der eher unbefestigten Natur von Luftschiffhäfen kamen nur sehr geländegängige Fahrzeuge in Betracht.

Beispielsweise wurden landwirtschaftliche Raupenschlepper wie der Hanomag WD in der 50 PS Variante und der populäre „Rübezahl“-Schlepper von Linke-Hoffmann-Busch als geeignet erachtet. Interessant ist auch das Angebot der Firma Nischwitz Maschinenbau GmbH für ein Vollkettenfahrzeug mit 100 PS, das für die damalige Zeit unkonventionell aerodynamisch geformt war.

In den 1920er Jahren erlebte auch das Konzept der Halbkette seine Blüte. Ziel war es, die agilen Fahreigenschaften von Radfahrzeugen mit der Geländegängigkeit von Kettenlaufwerken zusammenzubringen. Auch die Luftschiffbau Zeppelin GmbH setzte viel Hoffnung auf diese Technik. Die meisten Korrespondenzen gab es mit der Firma Citroën und der Münchner J.A. Maffei A.G. Der französische Autohersteller bot seine „Kégresse“ P.10 an. Halbkettenfahrzeuge dieses Typs und neuere Varianten dienten bis 1940 beim französischen Heer als Artillerieschlepper und wurden als Beutefahrzeuge auch bei der Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs in größerer Zahl eingesetzt. Citroën erhielt jedoch nicht den Zuschlag. Das Rennen machte Maffei, ein Betrieb, der eigentlich aus dem Lokomotivbau kam und während der Verhandlungen mit der LZ GmbH mit der Firma Krauss & Comp. fusionierte. Die in Bayern ansässigen Ingenieure boten ein besonderes Fahrzeug an:
Die Ketten konnten bei den Zugmaschinen vom Typ MSZ in ihrer ursprünglichen Fassung nämlich schnell abgenommen werden, um höhere Geschwindigkeiten und weniger Abnutzung auf befestigten Straßen zu erreichen. Auch die Reichswehr kaufte 1929 – 1932 mehrere Exemplare und setzte diese als Zugmaschinen mit Mannschaftsaufbau ein.
Um für den Einsatz als Luftschiff-Schlepper geeignet zu sein, mussten jedoch viele Umbauten am Ursprungsmodell des MSZ 201 durchgeführt werden:
Am Heck des Fahrzeugs wurde eine Spillwinde montiert, wie sie sonst in der Schifffahrt üblich war. Um zu verhindern, dass die Fahrzeuge bei unerwartetem Aufsteigen des Luftschiffs die Bodenhaftung am Heck verlieren, wurde in der Mitte des Fahrzeugs eine Laufrolle zur Führung von Landetauen angebracht. Um die Standfestigkeit weiter zu erhöhen, wurde das Fahrzeug auch zusätzlich beschwert. Nach diesen Modifikationen wog ein Schlepper ca. 4.050 kg und konnte im Vollradbetrieb ohne Anhängelast 35 km/h erreichen. Das Spill konnte mit einer maximalen Zugkraft von 3.000 kg ungefähr 20 Meter Seil pro Minute einholen.

Nach mehreren Verzögerungen durch Streiks bei Krauss-Maffei wurden die zwei bestellten Prototypen, jetzt MZS 202 genannt, im Frühjahr 1932 nach Friedrichshafen ausgeliefert.
Die Landung
Jeder Spillwagen hatte vier Mann Besatzung, einen Fahrer, je eine Person, die sich um Spill und eine Laufrolle gekümmert hat, sowie eine Person, die das Seil in eine Tasche gepackt hat. Zwei bedienten die Winden im Luftschiff. Insgesamt 40 Schutzpolizisten wurde für die verkleinerte Haltemannschaft benötigt.

Wie die Landung vor sich ging, wird im „Protokoll über den Landeversuch mit Spillwagen auf Platz Löwental am 28. Juni 1932“ (LZA 017/0463) genau beschrieben:
„Zweck des Versuches war: Landung auf freiem Gelände mit Hilfe der Spills und mit nur 50 Mann Haltemannschaften.“
Um mit den Spillwagen manövrieren zu können, wurde die Landestelle auf den älteren Teil des Flugplatzes mit fester Grasnarbe verlegt, da der neu angelegte Teil des Platzes für die Spillwagen noch unpassierbar war. Die beiden Spillwagen standen ca. 50 m auseinander zu beiden Seiten der Landeflagge.
„Mannschaften auf demselben waren, wie im Versuchsprogramm festgelegt, verteilt.“

Am 28. Juni war es sehr heiß. Die hohe Temperatur neben der nur leichten Brise ließen vermuten, dass das Schiff im Stillstand in Ermangelung des abkühlenden Fahrwindes in kurzer Zeit starken Auftrieb bekäme, was das Niederholen mit den Spills erschweren könnte.
„Aus diesem Grunde war das Schiff von vornherein leicht abgewogen (ca. 200 kg), [was bedeutet, dass weniger Traggas als sonst an Bord war]. Trotzdem erhielt das Schiff rasch starken Auftrieb durch Temperaturerhöhung. Demselben wurde zunächst durch zwei Minuten-Gasziehen begegnet, nachträglich jedoch durch Abwurf von 250 kg Wasser ein Auftrieb von 7 – 800 kg erzielt. Die Ankertaue waren in vorhandene Federtaue (Länge 6 m) eingehängt, und dadurch sollten die Stöße, welche durch das Fahren der Spillwagen entstehen, aufgefangen werden. Bemerkt muss noch werden, daß das Steuerbordankertau ca. 8 m kürzer war als das Backbordankertau.
Das Schiff warf in ca. 100 m Höhe die Ankertaue, die sofort auf die fahrenden Spillwagen gebracht wurden, was zunächst prompt ausgeführt wurde. Beim Auseinanderfahren der Spillwagen, um wieder einen Seilwinkel von 60° [vertikal] zur Bugspitze herzustellen, verlor der Steuerbordspillwagen wohl das Ankertau aus dem oben bereits erwähnten Grund, holte aber prompt das Tau wieder auf Rolle und Spill. Nun wurde von den beiden Spills das Schiff heruntergeholt, und dabei hatte der Steuerbordspillwagen, welcher steuerbord vorausstand, in Folge der mehr senkrechten Richtung seines Taues mehr Kraft in demselben.“
Das Schiff kam in der gewünschten Geschwindigkeit zu Boden und wurde von ca. 50 Männern der Haltemannschaft abgefangen. Nachdem die Ankertaue wieder beigeholt waren, erfolgte der programmgemäße Start. Die Spillwagen haben sich als sehr praktisch und zweckentsprechend erwiesen. Es wurde sogar erwogen, die Seilwinden an der Bugspitze des Schiffes mit Stoßdämpfern auszustatten, um für zukünftige Einsätze von Fahrzeugen bei der Landung und deren unruhigen Lauf besser gerüstet zu sein.
Was wurde aus den Projekten und den Schleppern
Obwohl der Test am 28. Juni 1932 überwiegend zufriedenstellend verlief, verliert sich danach allmählich die Spur der Landeabteilung. In den Akten der Landeabteilung finden sich zwar Überlegungen für einen angestrebten Schlepper-Landeversuch in Berlin, jedoch ist dieser nie zustande gekommen. Interessanterweise wurde aber anscheinend noch vor den erfolgreichen Versuchen in Löwental mit einem weitverbreiteten Einsatz von Luftschiffschleppern gerechnet. In einer Inventarliste für die optimale Ausstattung einer Luftschiffhalle aus dem März 1932 (Akte LZA 017/0035) sind nämlich zwei Schleppfahrzeuge aufgeführt. Dieses Dokument wurde Verantwortlichen für den Aufbau des Luftschiffhafens in Sevilla übermittelt. Mechanisierte Luftschifflandungen hat es dort jedoch nie gegeben.
Auch der Verbleib der Krauss-Maffei-Schlepper ist nur spärlich dokumentiert. Aus Bildern des Archivs der Luftschiffbau Zeppelin GmbH geht hervor, dass die zwei Fahrzeuge in den 1930er Jahren als Werftfahrzeuge verwendet wurden, um beispielsweise Ringe für das Gerippe des LZ 129 „Hindenburg“ zu transportieren.

Eine kleine Renaissance erlebte die Idee des Luftschiff-Schleppers im Jahre 1939. Die DZR bekundete, in Bezug auf die bei der Luftschiffbau Zeppelin GmbH durchgeführten Versuche Interesse daran, „Maybach-Traktoren“ (Akte LZA 016/0069) zu erwerben. Gleichzeitig wurden beim Nutzfahrzeughersteller Büssing NAG Halbkettenzugmaschinen vom Typ BN L für fünf Tonnen Anhängelast, die bei der Wehrmacht und Luftwaffe unter der Bezeichnung Sonderkraftfahrzeug (Sd.Kfz.) 6 liefen, für Versuchszwecke angefragt.

Das Ende der Passagierluftschifffahrt zum Anbruch der 1940er Jahre bedeutete im Umkehrschluss auch den Abbruch von Optimierungsbestrebungen für Luftschiff-Landevorgänge.
Quellen: Alle genannten Akten sind aus dem Archiv der Luftschiffbau Zeppelin GmbH