„Ich will wirken in dieser Zeit…“ – Käthe Kollwitz

Der 8. Juli ist ja bekanntlich der Geburtstag des Grafen Ferdinand von Zeppelin – aber auch der von Käthe Ida Kollwitz, geb. Schmidt. Kollwitz ist eine der bedeutendsten deutschen Künstlerinnen. Dieses Jahr wäre sie stolze 150 Jahre alt geworden.

Mit ihren Grafiken, Radierungen und Skulpturen hat sie großen Ruhm erlangt, auch heute noch sind ihre Werke sowohl im In- als auch im Ausland sehr geschätzt.

„Es ist mir natürlich eine große Freude, daß in Amerika sich Terrain zu ergeben scheint für meine Arbeit. Es war mir natürlich etwas deprimierend zu erleben, wie man hier schon zu den Toten gerechnet wurde oder genauer gesagt zu den nicht mehr Lebensberechtigten. Übergehen und Stillschweigen war die angewandte Methode.“
– Brief an Frau Dr. Löhnberg vom 6. Mai 1937, in: Käthe Kollwitz

Glanzvolle Jahre
Am 8. Juli 1867 geboren, wächst Kollwitz in Königsberg auf und wird schon früh von ihrem Vater in ihrer Begabung gefördert, sodass sie an Künstlerinnenschulen in München und Berlin studieren kann.

1891 heiratet sie den Arzt Karl Kollwitz, mit dem sie fortan in Berlin lebt und dort erstmalig mit katastrophalen hygienischen Bedingungen, Armut, Leid und Elend konfrontiert wird.

Sie beginnt, diese soziale Wirklichkeit der Menschen ihres Lebtags mittels ihrer Kunst zum Ausdruck zu bringen und die Bürgerschaft darauf aufmerksam zu machen. Obwohl einige äußern, sie wäre eine „pessimistische Elendsmalerin“, trifft sie doch überwiegend unmittelbar in die Herzen der Betrachter und bietet ihnen mit ihren zutiefst ehrlichen Werken eine Identifikationsebene. So sagte sie selbst über sich:

„Ich bin einverstanden damit, daß meine Kunst Zwecke hat. Ich will wirken in dieser Zeit, in der die Menschen so ratlos und hilfsbedürftig sind“
– Käthe Kollwitz Tagebuch, 4. Dezember 1922

1892 und 1896 wird sie Mutter ihrer beiden Söhne Hans und Peter. Vorbildlich koordiniert sie Familie und Arbeit, verliert dabei aber nicht ihr eigentliches Bestreben aus den Augen – die Kunst.

So schafft sie 1898 auf der „Großen Berliner Kunstausstellung“ mit der Serie „Ein Weberaufstand“ den Durchbruch. Diese wurde von Gerhard Hauptmanns Drama „Die Weber“ inspiriert. Sie bleibt hierbei ihrem Schema treu und thematisiert die katastrophale, bedrückende Wohnsituation der damaligen Weber.

In den Jahren darauf lehrt sie an der Berliner Künstlerinnenschule und nimmt an Ausstellungen der Berliner Secession teil, außerdem arbeitet sie immer an neuen Werken und kann sich somit zu den großen, deutschen Künstlerinnen zählen. Im Jahre 1919 erhält sie als erste hauptberufliche Künstlerin einen Lehrauftrag an der Preußischen Akademie der Künste.

Beeindruckend ist ihre Vielfalt an Techniken. So verwendet sie fast alle Varianten der Radierung, verschiedene Drucktechniken sowie unterschiedlich harte und weiche Hölzer für ihre Holzdrucke und widmet sich später auch der Bildhauerei. Teilweise eignet sie sich Arbeitsweisen auch selbst an, wie sie 1901 berichtet:

„… Dann versuchte ich in Berlin in mühsamem Lernen auf eigene Hand der Radiertechnik beizukommen. Es glückte nur sehr langsam, da auch meine Zeit, weil ich zwei Kinder hatte, knapp bemessen war.“
– Lebenslauf für Max Lehrs, 1901

Schreckensnachricht
1914, mit dem Tod ihres im Krieg gefallenen achtzehnjährigen Sohnes Peter, beginnt eine schmerzliche und prägende Zeit für Käthe Kollwitz. Sie kann diesen Verlust nur schwer ertragen, einzig ihre künstlerische Motivation ermutigt sie weiterhin. So plant sie ein Denkmal zu Ehren ihres Sohnes und anderen Gefallenen des Ersten Weltkrieges anzufertigen, an welchem sie achtzehn Jahre lang arbeitet und dieses 1932 fertig stellt. Diese Intensität ihrer Arbeit ist beachtlich und vielleicht erlangte Käthe Kollwitz gerade deswegen so viel Anerkennung.

„Die Ausstellung muß etwas bedeuten, denn alle diese Blätter sind Extrakt meines Lebens. Nie hab ich eine Arbeit kaltgemacht (…), sondern immer gewissermaßen mit meinem Blut. Das müssen die, die sehen, spüren.“
– Brief an Sohn Hans, 16. April 1917

Obwohl der Krieg sie nun immer mehr ermatten lässt, gibt sie nicht klein bei und entwirft zusätzlich politische Plakate wie das bekannte „Nie wieder Krieg“-Plakat. Sie positioniert sich somit öffentlich gegen die damalige politische Ausrichtung und favorisiert den Ausbau einer Arbeiterfront gegen den Nationalsozialismus, um deren Machtübernahme zu verhindern – ohne Erfolg.

Trauerspiel des Krieges
Aufgrund ihres sozialistischen und pazifistischen Bewusstseins bekommt sie 1933 die Professorenstelle an der Preußischen Akademie der Künste entzogen, des Weiteren erhält sie 1935 ein inoffizielles Ausstellungsverbot. Sie wird als „entartete Künstlerin“ abgeschrieben, woraufhin ihre Werke aus der Öffentlichkeit entfernt werden. Drei Jahre später, nach einem Interview für die Moskauer Zeitung „Iswestija“, wird ihr mit Gefangenschaft im Konzentrationslager gedroht, wenn sie nicht an sich hält. Der bis dato bekannte Name Käthe Kollwitz gerät während des Zweiten Weltkrieges immer mehr in Vergessenheit.

Sie arbeitet dennoch weiter und widmet sich von 1934 bis 1937 intensiv ihrer Todes-Serie, aber auch einer weiteren Skulptur in Andenken an ihren Peter. Darstellungen von Müttern mit ihren Kindern, wie Kollwitz sie zu der Zeit abbildet, missfallen den Nationalsozialisten.

„Ich arbeite an der kleinen Plastik, die hervorgegangen ist aus dem plastischen Versuch, den alten Menschen zu machen. Es ist nun so etwas wie eine Pietà geworden. Die Mutter sitzt und hat den toten Sohn zwischen ihren Knien im Schoß liegen. Es ist nicht mehr Schmerz, sondern Nachsinnen.“
– Käthe Kollwitz Tagebuch, 22. Oktober 1937

„Keine deutsche Mutter sieht so aus, wie Kollwitz sie gezeichnet hat. Im Dritten Reich haben Mütter es nicht nötig, ihre Kinder zu schützen, das tut für sie der Staat.“
– Nazi-Blatt „Völkischer Beobachter

Kollwitz letzte Lithographie entsteht 1941, ihre letzte Kleinplastik „Zwei wartende Soldatenfrauen“ im Jahr 1943. Ihr Haus in Berlin wird im Krieg bombardiert, weswegen sie nach Moritzburg bei Dresden zieht und dort am 22. April 1945 stirbt. Das Ende des Krieges am 8. Mai erlebt sie somit nicht mehr.


Wencke Deitermann hat 2016 ihr Abitur in Stuttgart absolviert und danach mehrere Monate Praktika-Erfahrungen gesammelt. Zuletzt war sie von Mai bis Juni Praktikantin der Abteilung Kommunikation im Zeppelin Museum. Ab Herbst will sie gerne Kunstgeschichte oder Marketing studieren.

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